Geschichten wollen erzählt werden Interview mit Draupnir aus Münster

Draupnir - Interview

Irgendwo im Münsteraner Hafen liegt ein altes Gebäude, man könnte gar sagen ein alter Speicher. Doch in seinem Keller lauert etwas. In diesen Katakomben haust etwas, dessen Name einem Drachen ähneln könnte und mit seinen rauen Kehlen und melodischen Stücken darauf wartet, auszubrechen. Die Rede ist von der Pagan-Metal-Band Draupnir, die wir in ihrem Proberaum besuchen durften. Katha (Blöckflöte, Gesang) und Felix (Gitarre) waren so freundlich, uns ein paar Fragen über ihre Band zu beantworten.

HSF: Bei der Ansammlung von Pagan-Bands ist es schwer, noch einen passenden Namen zu finden. Ihr habt euch bewusst für Draupnir, einem Ring Odins, welcher für Reichtum steht, entschieden. Wie passt dieser Name zu euch oder was wollt ihr damit aussagen?

Katha: Dafür bräuchten wir vielleicht Daniel, da wir beide noch nicht in der Band waren, als der Name festgelegt wurde. Wir kamen beide hinzu, als der Name schon stand. Aber generell entstammt der Name der germanischen Mythologie und sollte den Bezug in die paganistische Richtung herstellen. Diese hat sich auch anfangs in den Texten mehr widergespiegelt als es jetzt der Fall ist.

Felix: Ja, früher war es auch noch so, dass die Band ein bisschen „böser“ war, aber davon haben wir uns jetzt gelöst.

HSF: Dieses Jahr habt ihr schon einige Gigs gespielt, zum Beispiel auf dem Herzerockt-Festival oder dem Konzert im Helvete in Oberhausen. Was war euer persönliches Highlight?

Felix: Ich persönlich fand den Gig im Helvete sehr gut. Die Leute, die es organisiert haben, die anderen Bands und auch das Publikum waren sehr gut. Es war sehr überraschend für uns, da uns dort keiner kannte und wir nicht damit gerechnet haben, dass das eine große Veranstaltung wird. Das Herzerockt war auch sehr gut und auch super organisiert. Ach, und Karlsruhe. Karlsruhe war auch super. Ja, ok – Wir hatten dieses Jahr einige gute Gigs. (lacht)

Katha: Ich fand das Helvete dieses Jahr am besten, weil dort das Line-Up einfach stimmig war, was in der Folk-Metal-Szene eher selten ist. Da wurde mal mit Bands gespielt, die stilistisch in dieselbe Richtung gehen.

HSF: Jetzt ist eure Sommerpause vorbei. Wo führt euch der Weg dieses Jahr noch hin?

Felix: Bisher haben wir noch was geplant, wo wir selber veranstalten werden, hier in Münster. Das ist allerdings alles noch so ein bisschen unklar vom Termin her. Wir hoffen darauf, dass wir Richtung Ende dieses Jahres noch was auf die Beine gestellt bekommen, wenn es gut läuft. Konkrete Auftritte für dieses Jahr haben wir nicht auf dem Schirm, zumindest nichts Festes.

HSF: Dudelsäcke oder Drehleiern sind typisch für Pagan bzw. Folk Metal. Ihr habt euch bewusst für die Blockflöte entschieden. Warum?

Katha: Aus der pragmatischen Sichtweise, weil ich seit klein auf die Blockflöte spiele und sie mein erstes Instrument ist und deshalb einfach die meiste Übung damit habe. Ich fühle mich auf dem Instrument sehr sicher. Zwar hatten wir zwischendurch mal eine andere Richtung überlegt, aber auf der anderen Seite, warum sollte man nicht bei der Blockflöte bleiben? Sie ist zwar als Kindergarten-Instrument verschriehen, aber ich denke doch, dass man einige Facetten aus der Blockflöte herausholt, die dem Publikum nicht sonderlich bekannt vorkommen. Sie hat halt den Kinderweihnachtslied-Charakter, aber man kann sie auch gut im Metal einsetzen.

HSF: Lasst uns mal über euer Werk reden. Euer Debüt „Taruja“ erschien im Winter letzten Jahres. Was bedeutet „Taruja“ überhaupt, und welche Geschichte steckt dahinter?

Katha: Taruja ist das finnische Wort für Geschichten und Erzählungen. Wir haben uns für diesen Titel entschieden, weil sich auf dem Album viele verschiedene Themenbereiche zusammenfügen. Die Songs entstammen aus unterschiedlicher Zeit unserer Bandgeschichte, so dass man auf der einen Seite die germanische Mythologie hat und auf der anderen Seite Songs, die sich mit verschiedenen Thematiken, gar Erlebniswelten oder Gefühlswelten auseinander setzen, was zum Beispiel in „Die Jagd“ durch eine düstere Herangehensweise vermittelt wird. Da kam dann die Frage auf, wie man diese thematisch und auch stilistisch unterschiedlichen Songs zusammenfassen kann. Somit kamen wir auf den Titel „Taruja“, da Geschichten diesen Songs übergeordnet sind, denn jeder Song erzählt auf seine Art und Weise seine Geschichte. Durch den Bezug zum Finnischen, was sich teilweise auch in den Texten zeigt, haben wir uns dann für das finnische Wort entschieden.

HSF: Wollen wir mal bei den Geschichten bleiben. Euer Song „Die Nibelungen“ setzt sich deutlich von euren anderen Songs ab. Nicht nur durch seine beachtliche Länge, sondern auch durch die erzählerische Weise. Passiert sowas einfach oder wird so ein Song bis auf die letzte Note durchgeplant?

Katha: Hier müsste man musikalisch und textlich trennen. Musikalisch stammt der Song noch aus unseren Anfangszeiten. Da war ich am Songwriting noch nicht beteiligt. Deshalb kann ich da nicht viel zu sagen. Textlich ist das schon alles ziemlich auf die Musik konzipiert. Ich hab damals sogar noch die passende Literatur bekommen, die ich mir dann abends vor dem zu Bett gehen durchgelesen habe.
Dann stellten wir uns die Fragen, wie viel man davon in einem Song erzählen kann, was passt stilistisch zum Song, und was wird der Refrain.

Felix: Bei uns ist das so, dass die komplette Musik schon irgendwie geplant sein muss. Zum einen arbeiten wir relativ vielschichtig, da Katha zum Beispiel keine Gitarre spielt und ich keine Flöte. Deshalb muss man sich die Musik vorher überlegen und sich einfach viele Gedanken machen.

HSF: Wie kam euch die Idee Kathas klassischen Gesang mit in die Songs einzubeziehen?

Katha: Ich bin 2008 der Band zugestoßen. Auf einem Geburtstag sprach mich unser ehemaliger Schlagzeuger an und fragte mich, ob ich ein Instrument spielen und singen kann und zufällig eine skandinavische Sprache beherrsche. Darauf sagte ich ihm: „Ja.“ Das glaubte er mir zunächst nicht, doch es war damals so, dass nicht nur nach einem Instrument gesucht wurde, sondern auch nach einer weiblichen Stimme, die das Ganze ergänzen sollte.

HSF: Irrlichter, Piraten, Trinklieder, Turniere – Ihr bietet trotz mittelalterlichem Ambiente volle Abwechslung in euren Texten, doch wie entstehen diese?

Felix: Eigentlich Katha kann man sagen. So in letzter Zeit; sie schreibt die.

Katha: Ja, ok. Einige Texte entstammen noch aus früheren Zeiten, wo wir uns gemeinschaftlich zusammengesetzt haben, um sie zu schreiben. Da habe ich noch nicht so die federführende Rolle gespielt. Als ich dann anfing, das Songwriting zu übernehmen, bin ich so ein Stück weit weg von der mythologischen Thematik gegangen, und eigentlich lässt es sich nicht so genau sagen, wie so ein Song entsteht. Es hängt davon ab, welche Stimmung musikalisch vermittelt wird. Daran versuche ich dann die Thematik textlich auszurichten.

HSF: Spiegeln eure Werke denn auch eure Lebenseinstellungen wider oder seid ihr eher die Geschichtenerzähler?

Katha: Ja, das tun sie. Die Einstellungen sind vielleicht nicht immer unmittelbar erkennbar, aber über verschiedene Metaphern oder sprachliche Bilder werden auf jeden Fall bestimmte Wertvorstellungen vermittelt.

HSF: Das Mastering eurer Platte wurde in den Finnvox Studios vollzogen, die schon für Bands wie Nightwish oder Ensiferum arbeiteten. Wie kam es zu dieser Begegnung?

Felix: Als wir damals 2015 anfingen, das Album in der technischen Umsetzung zu planen, da haben wir uns mit dem Big Easy Studio zusammengesetzt. Der Michael „Freio“ Haas hat auch super Ahnung gehabt, nur er sagte, das Mastering sollte ein anderes Studio übernehmen, da er das Material viel zu oft gehört hat. Dann ging die Platte an so ein paar Empfehlungen und er meinte, vielleicht gäbe es ein paar größere Studios, die ihr anschreiben wollt. Fragen kostet ja nichts, und dann hatten wir sozusagen einfach Glück gehabt.

HSF: Das Album ist jetzt schon fast ein Jahr alt. Sind denn schon neue Lieder in Planung?

Felix: Ich würde gerne noch ein Album oder zumindest eine EP aufnehmen. Die ganze Nummer ist halt nur eben sehr zeitaufwendig. Nicht nur was das Songwriting angeht, sondern auch das Ganze drum herum. Wir haben auch alle im Moment viel persönlich zu tun und sind fast alle am Ende unseres Studiums und deshalb da mit unseren Arbeiten beschäftigt. Der Wille ist da, aber man kann es im Moment an keinem Punkt festmachen.

Katha: Außerdem haben wir noch nicht genug Material für eine neue Platte. Wir haben jetzt einen neuen Song, den wir auch schon live gespielt haben. Wir wollen uns jetzt erst einmal etwas aufs Livespielen konzentrieren, bevor wir ein neues Album planen.

HSF: Nächstes Jahr feiert ihr schon euer zehnjähriges Jubiläum. Ist eine Show in Planung oder wollt ihr das nur für euch im Proberaum feiern?

Felix: Also zehnjähriges Jubiläum ist ein großes Wort. Der Witz an der Nummer ist: Mit der Bandgründungsphase sind es vielleicht zehn Jahre. Sowas kann verdammt lange dauern. Das erste Mal als sich die Leute getroffen haben, unter anderem Daniel und Katha, die zusammen Musik machen wollten, das war 2008. Wirkliches Zusammenspiel und tatsächlich so als Band proben, da würde ich uns erst so ab 2013 zusammenlegen. Wir sehen uns nicht als zehn Jahre zusammen spielende Band.

Katha: Gerade auch mit den Besetzungswechseln war es am Anfang schwer. Erst seit 2013 arbeiten wir konstant zusammen.

HSF: Was wäre denn noch euer größter Wunsch für die Band?

Felix: Ich möchte, und denke es wird bei den anderen ähnlich sein, so viele Auftritte spielen können, wie wir möchten und nicht da sitzen und nicht wissen, was wir tun sollen. Außerdem wollen wir im Sommer auf mehr Festivals spielen. Wir haben uns da auch schon etwas umgeguckt und sind jetzt in der Bewerbungsphase. Mit dem Album haben wir jetzt auch das erste Mal richtiges Bewerbungsmaterial.

HSF: Gibt es noch etwas, das ihr unseren Lesern sagen oder mitgeben wollt?

Katha: Make Blockflöte great again! (Beide lachen)

Anschließend ging es dann in den Proberaum, wo noch gemeinsam ein, zwei Bier getrunken wurden und ich der Probe zuhören durfte. Sogar den neuen Song „In der Fremde“ gaben die sechs Musiker zum Besten und ohne viel zu verraten, Fans dürfen sich auf diesen Song freuen. Mir hat er sehr gut gefallen. Es ist eine sehr offenherzige, lustige Truppe, die sich hier zusammengefunden hat, und ich wünsche der Band Draupnir alles Gute für die Zukunft und viel Erfolg. Der Abend hat mir sehr viel Spaß gemacht.

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