Die Hütte Rockt – Der Festivalbericht 12.08.-14.08.2021, Festivalgelände Harderberg

Schon verrückt, wie schnell sich die Dinge verändern. Vor ein paar Monaten haben wir uns noch über Lockdown, Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperre geärgert und jetzt ist man plötzlich mittendrin im 2021er Festivalsommer. Sicher, verglichen mit der Prä-Coronazeit ist dieser Sommer nicht zu vergleichen. Doch Corona ist noch nicht vorbei und schon gar nicht vergessen. Aber zumindest gibt es mittlerweile einige halbwegs normale Open Air Veranstaltungen. Und das tut richtig gut.

Nachdem wir am ersten Augustwochenende schon reichlich Spaß auf dem Helmfest hatten, stand vom 12.08.-14.08. das Hütte Rockt Festival auf dem Kalender. Rund 1800 Fans feierten auf dem Festivalgelände in Harderberg und rockten die Hütte dabei ordentlich. Zutritt zum Gelände erhielten ausschließlich negativ auf das Coronavirus getestete Personen mit tagesaktuellem Test. Um dies sicherzustellen, führte der DLRG aus dem Bezirk Osnabrück an den Festivaltagen rund 2000 Tests, die allesamt negativ waren, durch.

Auf dem Gelände selbst herrschte im Eingangsbereich, bei den Gastroständen sowie in den Sanitäreinrichtungen eine Maskenpflicht. Vor der Bühne signalisierte eine Corona-Ampel, ob das Tragen einer Maske notwendig ist. Grün bedeutete alles in Ordnung, bei Gelb gab es ein Masken- und Abstandsgebot und bei Rot hieß es: “Maske auf!”. Zusätzlich gab es auf dem gesamten Gelände Desinfektionsspender mit der Aufforderung, sich regelmäßig die Hände zu desinfizieren.

Zugegeben, das Festival ist nicht unbedingt ein klassisches Metal Festival, bot aber dennoch einige vorwiegend lokale Leckerbissen für die Hartwurst-Fraktion.

Hütte Rockt

Hütte Rockt – Der Freitag

Los ging es für mich am Freitagnachmittag vor der Zeltbühne mit den Alternative Rockern von Charmana aus Lengerich. “Wir mussten so lange warten, bis wir wieder mit den Kumpels und freiem Oberkörper Bier trinken dürfen” philosophierte Sänger André Schroeter ins Mikro. Außerdem solle man auf dem Festival einfach alle Bands abfeiern, denn alles sei Kunst und alle haben es verdient. Starke Worte. Leider hatten erst sehr wenige Zuschauer den Weg vor die Bühne gefunden. Denen gefiel der eingängige Rock mit markanten Riffs und teils mehrstimmigen Gesang allerdings sehr gut. Mit dem rockig, groovigen “The More I Hate” fand der Charmana Auftritt dann einen würdigen Abschluss.

Rund eine Stunde später legten dann Privacy ein amtliches Rock-Spektakel auf die Bühne. Bereits beim zweiten Song wurden die Feuerzeuge und die Handylichter ausgepackt. Sänger Phillip Neitzel wusste mit seiner Stimme, die mal süß melancholisch und mal kratzig rockig klang, auf ganzer Linie zu überzeugen. Nach und nach lockte die Band immer mehr Zuschauer vor die Bühne und so wurde das letzte Lied “My Inner Child” dann auch beherzt mitgesungen.

Danach folgte mit Deine Cousine direkt das erste Highlight des Festivals. Die Rocksängerin, die bereits mit Udo Lindenberg zusammengearbeitet und auf dem Wacken Open Air gespielt hat, machte mit ihrer Band mächtig Alarm auf der Hauptbühne, vor welcher es sich auch schon gut gefüllt hatte. Von Anfang an hatte die quirlige Wahl-Hamburgerin das Publikum voll im Griff, war auf der Bühne äußerst präsent und konnte mit ihren eingängige Stücken wie “Kiez oder Kinder”, “Scheiß auf Ironie” oder “Freund oder Feind” überzeugen. Den Gassenhauer “Attacke” hob man sich für das große Finale auf, zu dem die Zuschauer noch einmal in die Hocke gehen mussten, um dann gemeinsam hochzuspringen. Und wer danach noch nicht genug hatte, konnte zum Abschluss noch die Hymne “St. Pauli” mitsingen.

Danach wurde es auf der Zeltbühne etwas schräg. Das selbst ernannte dröhnende Donner-Duo Brandmann hatte auf der Bühne Platz genommen und schickte knallharten, ich nenne es mal Improvisationsrock über die PA. Dabei wirkte das nur aus Bass und Schlagzeug bestehende Duo mal Hippie-mäßig, psychedelisch und mal überdreht freaky. So war der Auftritt insgesamt schon etwas gewöhnungsbedürftig. Doch die Jungs konnten damit im Zelt durchaus für Stimmung sorgen. 

Währenddessen entwickelte sich auf dem Gelände so etwas wie Volksfestatmosphäre. Immer mehr Besucher drängten aufs Gelände, die Menschen standen in kleinen Gruppen zusammen und ringsum blickte man in zufriedene Gesichter. Den passenden Soundtrack dazu lieferten dann Milliarden. Zunächst etwas ruhiger mit “Schuldig sein” vom aktuellen Album “Schuldig” und später dann rockiger und punkiger mit Songs wie “Oh Cherie” oder “Kokain und Himbeereis”. Zwischenzeitlich sprang die Corona-Ampel auch auf Orange. Aber noch blieb reichlich Platz zum Feiern und so wurde auch die Hymne auf die Hauptstadt “Berlin” und das mit einem Aufruf zu mehr Geschlechtergleichheit verbundene “Freiheit is ne Hure” vom Publikum bejubelt. Insgesamt ein ordentlicher Auftritt.

The Unexpected mussten auf der Zeltbühne anschließend schon häufiger auf die Einhaltung der Abstandsregeln hinweisen, denn das Zelt war mittlerweile gut gefüllt. Anscheinend hatten die Jungs aus Ibbenbüren auch einen kleinen Fanclub dabei, der vor der Bühne ordentlich Alarm machte. Aber auch die Band selbst trat mit ihrem knackigen Hardrock mächtig Arsch und sorgte für gute Stimmung. Ganz besonders der Frontmann hüpfte wie ein Flummi über die Bühne während er seine Vocals ins Mikro brüllte. So geht Rock’n’Roll.

Mit Rock’n’Roll hatten Grossstadtgeflüster jetzt nicht wirklich was zu tun. Trotzdem war es vor der Hauptbühne sofort so voll, dass die Corona-Ampel umgehend auf Rot sprang, als das Berliner Trio seine Show begann. Das Hütte Rockt Festival ist eben eine Veranstaltung mit einem recht breit gefächerten Musikangebot. Deshalb finden hier wohl auch weniger rockige Klänge ihre Anhänger.

Die Mischung aus Elektro, Pop und ein bisschen Punk-Attitüde von Grossstadtgeflüster kam beim Publikum auf jeden Fall bestens an, und es wurde kräftig gesprungen, geklatscht und gefeiert. Zwischendurch gab es noch Luftschlangen und Luftballons, was die Stimmung zusätzlich hob. Und eines muss man der Truppe lassen. Mit ihrer etwas rotzigen, aber dennoch liebevollen Berliner Schnauze holte Frontfrau Jen Bender die Menge immer wieder ab und wirkte von vorne bis hinten authentisch und sympathisch. 

Wieder zurück zur Zeltbühne, wo About Monsters den Tag dort beschließen durften, bevor Montreal zum großen Finale aufliefen. Die Alternative Rocker um Frontfrau Maddie starteten mit einem dröhnenden Intro und ließen einen energiegeladenen Gig folgen. Von Anfang an brodelte das Zelt, in dem die Corona-Ampel mittlerweile auch tiefstes Rot anzeigte. Doch die Meute ließ sich auch trotz Maskenpflicht nicht vom Rocken und Bangen abhalten. Zum Ende ließ die Band das Publikum dann noch hinsetzen und aufspringen, was dieses bereitwillig tat. Dafür bekamen die Zuschauer dann auch noch die geforderte Zugabe.

Montreal mussten dann zugeben, dass sie nachmittags schon ein wenig vorgeglüht hatten. Man könne ein betrunkenes Publikum schließlich nur dann richtig bespaßen, wenn man auch selbst einen Kleinen sitzen hat. So die einfache Erklärung der Band. Und die Unterhaltung lief wirklich hervorragend. Mit ihrem enthusiastisch vorgetragenen Gute-Laune-Punkrock verschmolz die Band mit dem Publikum im Nu zu einer einzigen Feiermasse.

Und so wurden Songs wie das neue “Zum Glück nicht relevant”, “Kino?!” oder “Endlich wieder Discozeit” mächtig abgefeiert. Zwischendurch blödelte die Band noch mit den Leuten von Viva Con Aqua rum und stellte fest, dass sich 40 Jahre “Campino-Schule” letztendlich doch auszahlen, als sich einige Poger nach dem Hinfallen gegenseitig wieder hoch geholfen haben. Verdammt gut kam auch das Steinwolke Cover “Katharine, Katharine” und der neue, etwas bescheuerte Song “Danke für die Nase” an.

Kurzum gesagt waren Montreal der perfekte Abschluss für einen schönen ersten Festivaltag auf dem Hütte Rockt Festival 2021.

Hütte Rockt – Der Samstag

Was die musikalische Ausrichtung angeht, versprach der Festivalsamstag deutlich härter zu werden – zumindest auf der Zeltbühne. Zunächst durften das aber LaVila gegen halb eins auf der Hauptbühne unter Beweis stellen. Und die machten ihre Sache sehr ordentlich. Bei herrlichem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen sorgte die Female Fronted Metal Band dafür, dass auf dem Campground spätestens jetzt niemand mehr schlief. Treibende Drums, schreddernde Gitarren und dazu der markante Gesang von Frontfrau Rebecca suchten sich wohlwollend den Weg in die Gehörgänge und machten Lust auf den Tag. Mit dem eingängigen “Vampire Love” und einem großen Dankeschön an die Fans verabschiedeten sich LaVila gegen viertel nach eins dann von der Bühne.

Auf der Zeltbühne wurde es dann maritim, als Captain Trips die Bühne betrat. Die Band im gestreiften Seemannsoutfit und der Sänger in standesgemäßer Kapitänsuniform. “Unsere Hobbys sind Computerspiele, Weltraum und Seefahrt” ließ die Truppe von der Bühne verlauten und fand damit reichlich Anklang. Bereits nach drei, vier Stücken war ordentlich Bewegung vor der Bühne. Die etwas gewöhnungsbedürftige Musikmischung mit schrebbelnden Gitarren, aggressiven Shouts, aber manchmal auch melodiösen Parts erinnerte ein wenig an die Crossing All Over Compilations aus den 90ern. Da passte es nur zu gut, dass der Abschlusssong “Der Mann” schon fast wie eine Hommage an den Such A Surge Klassiker “Schatten” klang.

Bei Blue Pope versammelte sich im Zelt dann die obligatorische Traube vor der Bühne. Das stand dem melodischen Hardrock mit Stoner-Einschlag allerdings auch echt gut zu Gesicht. Die Truppe spielte ein abwechslungsreiches Programm, das zwischenzeitlich schon fast einen Motörhead Sound aufwies. Dann wurde das Tempo jedoch wieder gekonnt verschleppt und man bewegte sich in ruhigeren Sphären. Insgesamt ein tiefgehender Gig ohne viel Schnickschnack aber mit sehr viel Liebe zum Detail.

Alarming Jesus schickten sich dann an, die Zeltparty endgültig zu eröffnen. Die Alternative Metal Band aus Lingen machte mächtig Alarm und konnte mit ihren an Metallica erinnernden Sound bei den Anwesenden auf ganzer Linie punkten. Leider war der Gig nicht übermäßig gut besucht. Aber die Jungs hätten definitiv mehr Zuhörer verdient gehabt.

Auch bei Savage Blood hätte ich mit mehr Zulauf gerechnet. Immerhin ist die Band als Speerspitze des klassischen Heavy Metal in Osnabrück bekannt. Aber hier zeigte sich einmal mehr, dass das Hütte Rockt eben kein reines Metal Festival ist. Die Band kümmerte das indes wenig. Sie zelebrierte ihre Metal Show nach allen Regeln der Kunst. Die Setlist war im Wesentlichen identisch mit der vom letztjährigen Kultur auf Abstand Konzert am Osnabrücker Ziegenbrink. Es gab ja aber seither auch keine Möglichkeit, das Material des aktuellen Albums “Downfall” live zu präsentieren. So gab es Metal-Feinkost nach bester Judas Priest Art auf verdammt hohem Niveau.

Auch I.Vortex lieferten dann einen superben Auftritt ab. Das Quintett aus Ostwestfalen hatte erst im Juni ihr erstes Album “Dark Words” herausgebracht. Und so bestand auch das komplette Set aus Stücken eben diesen Albums. Von Anfang an konnte man der Band die absolute Spielfreude anmerken. Ganz besonders Sänger Tim Schlattmann, der mit dem Hütte Rockt bereits seit den Anfangstagen des Festivals eine ganz besondere Beziehung pflegt, wusste mit seiner variablen Stimme und einer enormen Bühnenpräsenz zu überzeugen. Eine klasse Show, die wie das Album mit “Prey” einen würdigen Abschluss findet.

Danach hieß es dann Nachsitzen in der Sondaschule. Hier sollten die Zuhörer Geschichten über “Gute Zeiten”, die “Neue Welt”, “Amsterdam” oder den “Waffenschein bei ALDI” hören. Vor der Bühne war es inzwischen wieder so voll, dass die Corona-Ampel auf Rot sprang. Das tat der Stimmung aber keinesfalls einen Abbruch, denn es bestand ja die Aussicht auf ein Frühstück in “Palermo”. Zusammengefasst kann man sagen, dass diese Runde Ska-Punk einfach nur super lustig war und enorm viel Spaß gemacht hat. Und nicht nur der Lerneffekt war enorm. Auch das didaktische Können der Lehrmeister auf der Bühne konnte voll und ganz überzeugen. Vielen Dank liebe Sondaschule. Danach ging es noch auf einen Kraftriegel an die Frittenbude, bevor endlich die Headliner des Abends Subway To Sally auf die Bühne gingen.

Nach dem Intro starteten die Potsdamer, wie zuletzt üblich mit “Messias” und “Island”. Und natürlich ließ Frontmann Eric Fish es sich auch dieses Mal nicht nehmen, wieder in goldenem Sakko mit Sonnenbrille und Perücke auf die Bühne zu kommen. Es folgte das “Kleid aus Rosen”, das wieder damit endete, dass Eric der guten Ally Storch kniend eine Rose übergab. 

Erwartungsgemäß bestand die weitere Setlist schwerpunktmäßig aus Stücken des aktuellen Albums “Hey”, wobei immer wieder Klassiker der Bandgeschichte eingeworfen wurden. Neben dem erwartbaren, “Henkersbraut” oder “Falscher Heiland”, drang man heute mit “Mephisto” oder “Sag dem Teufel” allerdings sogar bis in die Zeiten von “Bannkreis” und “Foppt den Dämon” vor. Das gefiel vor allem den scheinbar gut vertretenen älteren Fans.

Das Ende des regulären Sets bildete dann das Trio aus “Alles was das Herz will”, “Aufgewacht” und “Ausgeträumt” was noch einmal ordentlich gefeiert wurde. Doch die Zuhörer sollten auch auf eine Zugabe nicht verzichten müssen. Und so gab es mit “Tanz auf dem Vulkan” und “Veitstanz” noch einmal zwei absolute Klassiker zum Ende. Und sogar das von den Fans lautstark geforderte “Julia und die Räuber” wurde noch dargeboten, bevor der Gig endgültig zu Ende war.

Damit endete ein schönes, gemütliches Festival mit einem soliden Auftritt, der fast durchweg zufriedene Besucher zurückließ. Die Stimmung war während des gesamten Festivals ausgelassen und friedlich. Man konnte sowohl Bands wie auch Fans einfach anmerken, wie sehr sie es genossen, endlich wieder so etwas wie Normalität zu erleben.

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Festival hervorragend organisiert und durchgeführt wurde. Sound, Getränke- und Essensversorgung, wie auch die sanitären Anlagen waren top, und auch sonst hat man sich auf dem Festival sehr wohl gefühlt. Damit hat das Hütte Rockt bewiesen, dass auch in Zeiten einer Pandemie Veranstaltungen mit mehr als tausend Besuchern möglich sind. Hier gilt es, den Organisatoren und allen, die dieses Festival möglich gemacht haben, Danke zu sagen.

Hoffen wir, dass das Festival im nächsten Jahr wieder unter ganz normalen Bedingungen stattfinden kann.

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