
Sacht wie die See legen sich die Worte Schillers unter den Opener. Sein Gedicht „Der Taucher“ als Intro verwendet, bricht wie eine Sturmflut auf den Hörer herein. Wie das Meer zeigt sich der erste Titel des neuen Firtan-Albums “Okeanos”: wunderschön, aber beängstigend, was dort an Kraft dahintersteckt. Diese Kraft, die einen immer weiter in die Tiefe zieht, dorthin wo Anmut auf Brutalität trifft. Ein Start für ein Album, den man erst einmal auf sich wirken lassen muss…
Mit „Seegang“ sind wir schon mittendrin im zweiten Album der Combo Firtan aus dem Süden Deutschlands. Nach so einem Opener stellt sich die Frage: „Kann man das noch toppen?“ Also schnell den zweiten der sechs Tracks „Tag Verweil“ angespielt. In diesem Werk, dessen Text nach Nietzsche kommt, treffen aggressive Riffs auf sachte Melancholie. Melodische Breakdowns ballern um die Ohren, und die Gitarren setzen ihren Kurs auf einen bestialischen Tiefgang. Der zweite Teil des – so würde ich es interpretieren – kleinen Zyklus „Nacht Verweil“ verliert ein wenig an seiner aggressiven Stimmung, findet allerdings seinen Weg mehr in die dunklen Gefilde der Seele, ohne dass der Titel sich in extremen Schwermut verliert. Es wird viel mehr geballert, was das Zeug hält, während man seine negativen Emotionen herausschreit.
Es folgt die Stille, ihre Farbe ist „Purpur“, ein kleiner Instrumentaltrack aus Gitarren und Streichern, in dessen Sinnbild wieder einmal die Weite und Emotionen der Ozeane zu spüren sind. Wie sanfte Wogen schmiegt sich der Klang an die Seele, ist sein Wesen doch so geheimnisvoll. An diesem Klangbild knüpft „Uferlos“ unverfälscht an und mündet in dem bekannten Orkan aus harten Gitarren und drückenden Beats. Der Song weist den Weg in die richtige Richtung: Immer weiter nach vorne. Dort versucht er wie ein Wal, dich zu verschlingen und immer tiefer in die Schwärze von „Okeanos“ zu ziehen. Am Grund des Meeres wartet nur noch eins: „Siebente, letzte Einsamkeit“. Ein letzter Atemzug für die Melancholie, doch beharrt der Song vielmehr darauf, dir auch den letzten Luftzug zu nehmen. Ertrunken in der Schwärze, auf dem Grund der See, im Herzen von „Okeanos“.
Firtans zweites Album kommt kraftvoll daher und beweist ein gekonntes Spiel mit Emotionen innerhalb seines Genres. Es ist ein starkes Album, wenn auch eines der düstersten Alben des Jahres. Eine kleine Bootstour auf diesem Ozean ist zu empfehlen. Zusätzlich rege ich an, noch den Terminkalender zu checken, denn die Band spielt Ende des Jahres in der Münsteraner Sputnikhalle.
Homepage: www.firtan.com
Tracklist
1. Seegang
2. Tag Verweil
3. Nacht Verweil
4. Purpur
5. Uferlos
6. Siebente, Letzte Einsamkeit
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