Postmortem, Disaster KFW, Totbringer, Psychrotted 08.10.2022, Club From Hell, Erfurt

Thüringen ist Deutschlands Auenland. Grün, vergleichsweise dünn besiedelt und bevölkert von kleinen haarigen Menschen. Aber auch hier gibt es Metal und gerade der Club From Hell in Erfurt ist eine nicht gerade unbekannte Adresse. Deswegen statte ich dem Ganzen einen Besuch ab als Postmortem zum Totentanz in Erfurt einlädt. Der Auftakt zum Rocktober.

Konzertflyer Postmortem 08.10.2022

Wobei so ganz stimmt das nicht, denn aufmerksam bin ich darauf geworden als Psycrotted-Gitarrist Stefan “Göbi” Göbel mich fragte, ob ich nicht Interesse hätte vorbei zu kommen, da sie den Abend eröffnen. Ok, eine Nacht im Auto, ich fahre zum Glück einen Kombi und kann die Rückbank umklappen, um dort Isomatte, Decke und Kissen zu drapieren, wird wohl gehen. Denn niemand spaziert einfach so nach Erfurt rein. Die Fahrt dauert auch ihre 3 1/2 Stunden.

Der Club From Hell ist eine alte DDR-Gaststätte in unmittelbarer Nähe zum Erfurter Flughafen. Wieder was gelernt: Erfurt hat einen Flughafen. Das Logo des Clubs sieht dem der britischen Band Hell übrigens sehr ähnlich. Um ca. 18:00 Uhr, also eine Stunde vor Einlass, schlage ich auf und bin damit sogar vor der Headliner Band Postmortem da. Als diese schließlich mit ihrem Bulli aus Berlin ankommen (Warum sind die nicht geflogen? Der Flughafen ist gleich um die Ecke, und ich habe gehört, dass Berlin mittlerweile auch einen hat), werde sogar ich, der vor der Tür auf Einlass wartet, mit Handschlag und Umarmung begrüßt. Sympathisch sind se.

Der große Festsaal, der nun natürlich das eigentliche Auditorium ist, wird dem Namen des Ladens gerecht. Zwei große Skeletttorsos mit Schädel stehen links und rechts neben dem Drumriser. Ein Pentagramm und jede Menge schwere Industrieketten mit Harken hängen von der Decke und offensichtlich scheinen Macbeth hier die Hausband zu sein, denn die Doublebass des Schlagzeugs wurde scheinbar von den Kult-Erfurtern gestellt. Das lokale Bier heißt hier übrigens Schluntz, ein Name der herrlich als Platzhalterwort für alles Mögliche genutzt werden kann. Also ratet mal was ich den Rest dieses Review machen werde?^^

Schluntzen wir also rein in die Musik.

Psycrotted aus Leipzig, über deren Demo ich hier bereits geschrieben habe, eröffnen also den Death-Metal-Abend. “Diminish The Flesh”, “Cerebral Disfigurement” und “Where The Wicked Dwell” bilden die Eröffnungs-Trifekta. Der Laden ist locker gefüllt,  es könnten mehr Zuschauer sein, aber man spielt nicht vor leerer Hütte. Eine gewisse Vorliebe für schwedischen Melo Death kann die Band nicht verbergen. Vor allem in den von Gitarrist Stefan Göbel geschriebenen Stücken tönt eine gewisse Göteborgischkeit durch. Zwar besteht der Circlepit bisher nur aus zwei Personen, von denen eine davon ich bin. Aber das wird sich im Verlauf des Abends noch ändern. Thüringer sind halt gemütlicher. Zwischen “Drown” und “Split Perception” gibt es ein kleines instrumentales Intermezzo und während nach der Zugabe “Eat The Weak” die letzten Töne verklingen, bin ich schnell noch an der Bar, um mir was Neues zum Schluntzen zu besorgen.

Todbringer eröffnen mit der “Ouvertüre Todbringer” ihren Set. Ihre Texte sind auf Deutsch, was gerade im Death Metal doch eher selten und somit ein Alleinstellungsmerkmal ist. “Destruktive Aura”, “Mahnmal” oder “Horden Der Zerstörung” ballern brachial in die Fresse. Beim Stück “Pestodem – Preiset Die Seuche” steht ein Pestdoktor auf der Bühne, der in einem Buch blättert. Funfact: Es handelt sich dabei tatsächlich um eine Hebräische Bibel. Hat jemand gewusst, dass es sowas gibt? Ein wenig wird die schaurige Atmosphäre aber vom Frontmann gedämpft, da dieser vor Beginn des Songs den Pestarzt mit Stefan anspricht und somit klar ist, dass sich unter der Maske der Psycrotted-Gitarrist verbirgt. Die Rampensau kann es nicht bleiben lassen.^^ Bis auf diesen kleinen Fehler und der Tatsache, dass die schiefe Bindung der Kampfstiefel des Sängers und Gitarristen mein inneren Monk fertig macht, (Der war nicht beim Bund) schluntzt der Set richtig gut.

Disaster KFW, das KFW steht für Klassischer Friedhof Weimar, waren mir bisher vollkommen unbekannt, scheinen aber ein regionales Phänomen zu sein. Tatsächlich sind die Jungs schon seit 1985 aktiv. Mit “Kill All Humans”, “Fuck Sauerkraut” und “Under The Blade” werden die Friedhofstore weit geöffnet. Tatsächlich scheinen die Jungs heute für viele der eigentliche Headliner zu sein, was man nun auch daran merkt, dass Circle- und Moshpits im Saal vor sich hin schluntzen. Das leider wieder aktuelle “Todeskrieg” ist der Übergang zum Oben-Ohne-Part des Frontmanns, der erstaunlich gut in Form ist. wenn man sein Alter bedenkt. Mit “Eat Guts”, “Clash Of The Titans” und einer kleinen Saufmusik namens “Doppelkorn” beenden die Jungs ihren starken Co-Headlinerset und ich meine Flasche Schluntz.

Also schnell noch eine neue geholt und kurz mal in den Biergarten geschlunzt, wo sich zwischen dem Set so ziemlich das gesamte Publikum trifft. Am Merchstand verkaufen die Berliner Headliner ihre Fairtrade Shirts für ‘nen schlanken 10er. Kannste nichts gegen sagen. Trotz dieser Tatsache haben Postmortem mit Publikumsschwund zu kämpfen. Viele waren tatsächlich wohl nur wegen dem Klassischen Friedhof Weimar da. Dazu kommt, dass die Berliner nur einen Tag zuvor ihren ehemaligen Schlagzeuger Marko Schröder zu Grabe getragen haben. Dass die Jungs deswegen verständlicherweise noch trauern, merkt man besonders Frontmann Putz an, der ansonsten für seine sympathischen Kumpeltyp-Ansagen bekannt ist. Heute schweigt er überwiegend zwischen den Songs und im Nachhinein erfahre ich auch, dass die Jungs den Gig lieber nicht gespielt hätten. Dennoch sind sie musikalisch über jeden Zweifel erhaben.

“Bleeding” als Opener knallt genauso gut rein wie das vom selben Album “Repulsion” stammende “Gutterballs” oder “Chopped, Shreeded And Grind To Meatballs”. In “Der Totmacher” geht es um den berühmtesten deutschen Serienmörder Fritz Haarmann. Der Song hat zudem eine gewisse Rammstein-Ästhetik. “Hate Kill Destroy” und ein Song, der auf der Setlist nur mit “Rev” betitelt ist, beenden dann den Gig, der trotz der genannten Umstände immer noch als solide durchgeht. Ich werde mir nun noch ein paar Schluntz reinschluntzen, um dann letztendlich die Nacht in meinem Kofferraum zu verbringen. Nächste Woche gehts dann nach Leipzig. Bis denne nech.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.