Russkaja – Kosmopoliturbo VÖ: 04.08.2017, Napalm Records, Russian Turbo Polka

Russkaja

Pünktlich zum eigentlich geplanten Hochsommer kehren die Power-Polkeraner von Russkaja mit ihrem mittlerweile fünften Album zurück. „Kosmopoliturbo“ nennt sich das gute Stück, dessen Name mehr als Programm ist.

Wurde bei “Peace, Love & Russian Roll” vor zwei Jahren die Geschwindigkeit etwas gedrosselt, dreht die Hausband der österreichischen Late Night Show „Willkommen Österreich“ nun wieder voll auf. Gleich mit dem Gute-Laune-Opener „Hey Road“ und dem folgenden „Alive“ wird dem Zuhörer gezeigt, wo der Sowjet-Hammer hängt. Ihre einzigartige Mischung aus Ska, Punkrock und traditionellem russischen Folklore unterlegt mit einer gehörigen Portion Polka lässt einfach keinen Hintern ruhig verweilen.

Aber auch ein paar Reggae-lastige und langsame Stücke haben bei Russkaja wieder den Weg auf die Platte gefunden und runden das Gesamtkonzept hervorragend ab. Erschaffen wird dieser unverwechselbare Soundmix, der höchstens noch mit 44 Leningrad vergleichbar wäre, mit gleich sechs Instrumenten: neben E-Bass, E-Gitarre, E-Geige und Schlagzeug findet sich noch eine Trompete und eine eigens entwickelte „Potete“, einer Mischung aus Trompete und Posaune.

Die Texte sind kosmopolitisch, mal englisch, mal deutsch, mal italienisch, französisch oder spanisch. Die Musik auf turbo gedreht – so kennt und liebt man die Band rund um den ehemaligen Stahlhammer-Sänger Georgji Alexandrowitsch Makazaria. Seine opernerprobten Gesangskünste werden ein weiteres Mal hervorragend untermalt von saftigen, teils fast poppigen Melodien und Rhythmen. Und obwohl seit der Gründung 2005 quasi im Zwei-Jahres-Turnus ein Album veröffentlicht wurde, wird Russkaja´s Musik keinesfalls langweilig, sondern eher noch besser.

Das liegt womöglich auch an dem punktuellen Experimentiergeist der Band, der mit den überraschend einsetzenden Crunkbeat-Sounds von „Alive“ super funktioniert, aber auch mal daneben gehen darf. Wie man auf die Idee kam, bei „Still in Love“ in die Autotune-Kiste zu greifen, ist schlichtweg unverständlich. Von diesem Missgeschick abgesehen sind Herzstück und Highlights der Platte die schnell eingespielten, häufig mit Offbeat-Gitarren unterlegten „Hello Japan“, „Cheburaschka“ oder „Chef De Cuisine“. Werden diese von den Bläsern nur vor sich hergetrieben, schließt der Longplayer am Ende nochmal mit sanften, romantisch verklärten Tönen („Send you an Angel“) ab.

Der Band ist mit dieser Veröffentlichung erneut der Trick gelungen, ihre Live-Qualitäten auf Platte zu bannen. Wenn die Musik einen dazu veranlasst, am hellligten Tag durch die Straßen zu tanzen, müssen die Künstler etwas sehr richtig gemacht haben. Daher bleibt als Kritikpunkt am Ende – abgesehen von dem fehlgeschlagenen Stimmvergewaltigungs-Ding – nur, dass die Länge von 10 Songs und 37 Minuten nicht richtig auslastet.

Wer sich selbst von ihren Live-Künsten überzeugen will, dem sei “Rock am Pferdemarkt” im September ans Herz gelegt. Und das sollte jeder mal gemacht haben. Dort darf sich dann jeder gerne selbst von der umwerfenden Therapie der „Kollektivgefühlsbewusstseinserweiterung“ überzeugen. Und ansonsten: kauft die Platte und holt euch den verkorksten Sommer einfach nach Hause.

Tracklist:

  1.  Hey Road
  2.  Alive
  3.  Still In Love
  4.  Hello Japan
  5.  Volle Kraft Voraus
  6.  Mare Mare
  7.  Cheburaschka
  8.  La Musica
  9.  Chef De Cuisine
  10. Send You An Angel

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