Subway To Sally im Interview Im Gespräch mit Bodenski und Simon Michael

Am Rande des diesjährigen Hütte Rockt Festivals hatten wir die Gelegenheit für ein Gespräch mit Bodenski und Simon Michael von Subway To Sally. Bei bestem Wetter und in gemütlicher Runde trafen wir auf zwei entspannte und gut gelaunte Musiker, die gerne ein wenig aus dem Nähkästchen plauderten. Aber auch nachdenkliche Töne schlugen die zwei an. 

HSF: Hi. Zunächst einmal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für das Interview nehmt. Wie geht es euch im Moment?

Bodenski: Ja, wir sind natürlich glücklich, dass wir wieder unterwegs sein dürfen und dass wir spielen können. Nach diesen anderthalb Jahren, die hinter uns liegen, ist es glaube ich mehr als an der Zeit, dass es wieder ein bisschen losgeht. Und wir wissen das auch sehr zu schätzen. Aber es ist natürlich so, dass wir weit entfernt sind von Normalität. Und das spürt man bei jedem Konzert, das wir jetzt spielen.

Subway To Sally
Subway To Sally @ Hütte Rockt 21. Foto: M. Erlenkamp

Es ist ja alles höchst unterschiedlich. Wir haben jetzt schon die verschiedensten Hygienekonzepte erlebt. Und was uns so ein bisschen traurig macht ist eben, dass wir offensichtlich noch ein ganzes Stück von Normalität entfernt sind. Und das drängt auch immer mehr in unser Bewusstsein. Der Sommer ist eigentlich schon fast wieder zu Ende, was natürlich auch noch dazu kommt. Also, es mischt sich so ein bisschen Wehmut unter die Freude.

HSF: Ich wollte das Thema Corona heute eigentlich gar nicht so großartig anschneiden.

Simon Michael: Ja, aber es lässt sich ja nicht vermeiden.

Bodenski: Ja, es beschäftigt uns ja nun einmal. Ob wir wollen oder nicht.

HSF: Ihr hattet ja zu Silvester 2020 das Konzert im Potsdamer Lindenpark, was ihr ja auch online übertragen habt. Da war es ja noch mal eine ganz andere Situation.

Simon Michael: Richtig, das war noch viel krasser dort vor Ort. Es war ja noch niemand von uns geimpft zu dem Zeitpunkt. Also wir mussten wirklich alle straight testen vor Ort und wir mussten Abstand halten. Da war auch ein Beauftragter vom Haus dabei, der immer sofort interveniert hat, wenn bei der Aufzeichnung sich irgendwie zwei Leute zu nahe gekommen sind. Das war noch viel restriktiver. Auch alles was drumherum lief.

Das hat ja auch einen hohen sozialen Faktor, wenn man sich nach so langer Zeit auch mit vielen Kollegen, die man mag, trifft. Zusammen Essen gehen oder noch ein bisschen Zeit verbringen nach der Aufzeichnung war wirklich schwierig. Rausgehen konntest du auch nicht. Verglichen mit der Situation im Dezember sind wir jetzt also schon einen Schritt weiter. Aber wer weiß, was der Herbst bringt, wenn man dann doch wieder Indoor produzieren will.

HSF: Zeitsprung. Ihr wart kürzlich im Rahmen des Mera Luna Festivals in der Kulturkirche in Hamburg. Wie war das für euch? Wenn ihr die Konzerte miteinander vergleicht, wo waren die Unterschiede?

Bodenski: Hahaha, das kann ich dir sagen. Also die Lindenpark Produktion haben wir selber gestemmt mit unseren Mitteln. Und wir waren sehr, sehr zufrieden mit dem Produkt und dem, was wir da auf die Beine gestellt haben. Und in Hamburg in der Kirche kann man einfach mal den Unterschied sehen, wenn öffentlich-rechtliche Mittel am Start sind. Denn was die da technisch aufgefahren haben, war wirklich atemberaubend.

Es war auch so ein bisschen ein Schnellschuss. Die Anfrage zu dieser Produktion kam auch relativ kurzfristig und wir wussten gar nicht, was uns da so erwartet. Wir sind da einfach hingefahren. Wir kamen ja auch von einem anderen Konzert, was wir am Vortag hatten. Wo waren wir da eigentlich?

Simon Michael: Auf einem MPS; diesen HockRock-Veranstaltungen.

Bodenski: Ja, genau. Und dann kommen wir in diese Kirche rein. Und was die da hingebaut haben. Ich konnte es nicht fassen. Allein der Kamerakran, der da aufgebaut war, hat wahrscheinlich mehr gekostet als unsere komplette Lindenpark Produktion. Aber es war halt cool. Und am Ende zählt ja die Musik. Es waren auch 25 Zuschauer in der Kirche, die die Teilnahme gewonnen haben, was mir großen Spaß gemacht hat. Wir haben ja beim Lindenpark Konzert in diesem Kreis gestanden und für uns gespielt. In der Kirche in Hamburg hatten wir halt Zuschauer. Und auch wenn es nur 25 waren, es sind Zuschauer für die man spielt. Und ob da 25 stehen oder fünftausend macht für eine gute Band oder einen professionellen Musiker keinen Unterschied. Insofern unterschieden sich diese Konzerte fundamental.

HSF: Gestern habt ihr auf dem Taubertal Open Air gespielt. War das denn wieder ein “reguläres” Konzert?

Simon Michael: Nein. Wir haben bislang eine reguläre Show gespielt. Das war in Österreich, weil da offenbar die Auflagen nicht mehr so sind, wie hier in Deutschland. Gestern war es auch bestuhlt. Es mussten immer drei Stühle Platz gelassen werden. Und das wurde auch hart kontrolliert. Es ist immer so, dass es toll ist, dass wir wieder spielen können. Und das hat uns auch wirklich beflügelt und einen Schub gegeben. Wir wissen das auch total zu schätzen. Aber es ist halt immer so ein bisschen die Handbremse angezogen.

HSF: Das kann ich mir gut vorstellen. Ihr habt ja auch ein Händchen für besondere Shows. Ich erinnere da nur an die NEON Ekustik Tour. Oder um nochmal bei Kirchen zu bleiben. Ihr habt ja auch bereits 2006 und 2010 zweimal hier in Osnabrück in der Lutherkirche gespielt. Welche Erinnerungen habt ihr denn an diese Shows?

Bodenski: Gerade diese besonderen Shows vergisst man nicht. Wir haben ja insgesamt glaube ich drei Akustik Shows in unserer Karriere auf die Beine gestellt. Und wir haben uns jedes Mal wieder neu erfunden dafür. Also wir haben erstmal mit Gastmusikern gearbeitet, dann gab es diese große Sache mit zwei Gastmusikern und dem Baum auf der Bühne. Das war dann die Nackt II. Und dann haben wir gesagt. Wenn wir das jetzt noch ein drittes Mal machen, dann machen wir es ganz anders. Und das war die NEON Ekustik Tour.

Ich glaube sogar, wenn du “Ekustik Tour” googelst kommt auch sofort Subway To Sally. Da haben wir glaube ich sogar ein Copyright drauf. Auf jeden Fall haben wir damit einen Trend gesetzt. Und ich kann da jetzt nur für mich sprechen, aber ich weiß, dass es den Kollegen auch so geht. Das habe ich geliebt. Ich habe das so geliebt, diese Kombination aus Elektronik und akustischen Instrumenten und dieses intensive Musizieren miteinander. Klar, du freust dich dann natürlich auch wieder, wenn du Rock’n’Roll machen kannst und auf der Bühne rumspringen kannst. Aber so in diesen fast dreißig Jahren, in denen wir jetzt unterwegs sind, sind das so Leuchttürme, die man so für sich selber aufstellt und an die man sich immer wieder zurückerinnert.

Ich kann mich nicht mehr an jede Rock-Show erinnern, was nichts mit Alkohol oder Drogen zu hat, sondern weil es einfach sehr viele sind. Ich habe mal angefangen zu zählen, als wir damals versucht haben dieses Buch zu schreiben. Das ist ja jetzt auch schon ein paar Jahre her. Da waren wir schon bei rund 1.800 Konzerten. Und inzwischen dürften es ne Handvoll mehr sein. So rund 2.000 Konzerte hat diese Band auf dem Buckel. Und vom Studentenclub bis Wacken war alles dabei.

HSF: Du sprachst gerade an, dass ihr euch immer wieder neu erfindet. Für mich ist das auch irgendwie ein Kernpunkt von Subway To Sally. Denn jedes Album von euch klingt anders. Wenn ich beispielsweise die frühen Alben wie das “Album 1994” oder “Bannkreis” mit dem aktuellen Album “Hey!” vergleiche, dann ist es zwar immer Subway To Sally, aber auch immer anders. Wie kommt ihr da zu neuen Ideen? Was treibt euch an?

Simon Michael: Wenn wir das mal immer wüssten, dann wären wir einen Schritt weiter. (lacht) Naja, es ist so. Ingo, unser musikalisches Mastermind und Gitarrist, braucht immer einen Film, um Musik schreiben zu können. Also, er braucht immer eine Inspirationsquelle. In den letzten Jahren war es so, dass das immer aus einem anderen Bereich kam. Die letzten Jahre waren dominiert von viel elektronischer Musik, die man dann halt in den Subway To Sally Kosmos übertragen hat sozusagen und mit unserem Instrumentarium umgesetzt hat. Deswegen gab es damals auch die Ekustik Tour. Auch “Mitgift” hat ganz viel von diesen Elementen. Für mich ist es immer einfacher einen Song mit Inhalt zu schreiben, als nur leere Musik und ich glaube, das ist auch der eigentliche Grund, warum sich Subway To Sally so oft neu erfunden haben.

Bodenski: Die Konstellation innerhalb der Band ist so, dass wir eine unmögliche Kombination von Charakteren sind. Wir sind einfach so unterschiedlich, dass die Band dadurch einen eingebauten Kopierschutz hat. Es würde sich nicht einfach jemand austauschen lassen. Also ohne Eric, ohne Ingo oder auch ohne Simon Michael wäre die Band sofort nicht mehr die gleiche Band. Simon Michael ist auch schon seit 2005 dabei, also irre lang. Und das obwohl er sozusagen das jüngste Bandmitglied ist.

Die Umbesetzung an der Geige hat noch mal andere Gründe, aber wir haben schon diese Konstanz auf der einen Seite und eben auch die musikalische Weiterentwicklung auf der anderen Seite. Ich glaube, dass das auch mit der Neugier und der Professionalität der einzelnen Musiker zu tun hat, die, bevor sie ins Studio gehen, immer wieder versuchen, sich selbst auch zu fordern. Wir sind ja auch in unseren Möglichkeiten nicht beschränkt, sondern ganz im Gegenteil gesegnet. Und um das alles mal ein bisschen zu Wort kommen zu lassen oder auszureizen, können wir eben verschiedene Facetten auch mal hervorholen.

Natürlich hat sich in der Zeit, in der die Band existiert, auch technisch sehr viel weiterentwickelt. Unsere allererste Platte haben wir ja noch analog mit einer Bandmaschine produziert. Das ist so eine Sache, die gibt es heute gar nicht mehr. In keinem Studio steht mehr eine Bandmaschine. Ja gut, die stehen vielleicht noch irgendwo in den Ecken rum. Ich weiß es aber noch wie heute. Bei der zweiten oder dritten Platte hat man dann schon so teildigitalisierte Sachen eingeloopt oder irgendwas geschnitten. Aber analog waren wir doch bestimmt die ersten drei oder vier Alben, oder?

Simon Michael: Naja, die “Bastard” haben wir dann ja auch zum Teil wieder analog aufgenommen.

Bodenski: Naja gut. Aber das nur am Rande. Also wie gesagt, es hat sich halt viel getan im Laufe der Zeit. Uns ist natürlich auch klar, dass wir unser Publikum damit jedes Mal herausfordern.

Simon Michael: Wir loten damit auch Grenzen aus. Und zwar in alle Richtungen. Die physischen Grenzen der Musikproduktion und die Grenzen bei unseren Fans.

HSF: Ja, das kann ich bestätigen. Wenn ich mich mit Subway To Sally Fans unterhalte, dann höre ich schon hier und da Sätze wie: “Das neue Subway To Sally Album klingt wieder ganz anders. Ich weiß gar nicht, ob ich das mag”.

Simon Michael: Ich erwarte nicht von meinen Fans, dass sie Musikwissenschaftler sind. Ich sage es jetzt aus der Sicht des Musikers. Es macht immer Sinn, die Elemente, auch wenn sie einen erstmal verstören, zu hinterfragen. Warum setzt die Band Element XY hier ein? Warum ist das ein Sound, den man in der Art von Musik eigentlich nicht findet? Das ist ja auch einer der Gründe, warum Subway To Sally damals überhaupt mit dem ganzen Kram angefangen hat. Man darf ja nicht vergessen, Subway To Sally ist eine Band, die wirklich diese Szene sehr geprägt, wenn nicht sogar diese Art von Musik mit erfunden hat.

Damals war halt der große Schockmoment: hoppla, das ist ja Heavy Metal mit Dudelsack. Oder, das ist harte Rockmusik mit deutschen Texten und Drehleier und Folk-Elementen. Und so versuchen wir, unsere eigene Musik immer wieder anzureichern und so halt einfach den Horizont offen zu halten. Und es funktioniert auch so, dass wir auch andere Bands damit beeinflussen. Also ich habe wirklich Platten und Bands gehört, die uns so krass nachgeeifert haben, dass wir damals “Mitgift” gemacht haben. Auch dieses Konzept mit Mörderballaden usw. hat wieder auf viele andere Künstler abgefärbt. Vielleicht ist Subway To Sally auch eine Band, die Trends setzt. Und die sind manchmal halt so frisch, dass man sie ein paar Mal anhören muss.

HSF: Viele Bands gehen ja aktuell auch in die Richtung, dass sie sagen, wir machen jetzt eine “Best Of”-Show, oder featuren ein bestimmtes Album. Wäre das auch eine Idee für Subway To Sally?

Simon Michael: Ja, tatsächlich. Wir hatten zwei Festival-Shows für 2020 bestätigt mit einer “Nord Nord Ost” 15 Jahre Jubiläums-Show.  Also das ganze Album am Stück sozusagen. Das ist für viele Fans das Subway To Sally Album. Dazu ist es dann wegen der Coronapandemie leider nicht gekommen.  Aber naja, vielleicht machen wir es dann zum Zwanzigjährigen.

Bodenski: Wobei das dann ja noch nicht für eine ganze Show reicht. Also wenn man so ein ganzes Album durchspielt, hat man im besten Fall 60 Minuten.

HSF: Aber dann kommen ja meistens noch die All-Time Klassiker.

Bodenski: Julia und die Räuber, oder was meinst du?

HSF: Mögt ihr das überhaupt noch spielen?

Bodenski: Das werden wir so lange spielen, wie es die Leute hören wollen.

Simon Michael: Wir haben es ein paar Mal probiert, es live nicht zu spielen. Das kam nicht so gut an. In Wacken das letzte Mal.

Bodenski: Es ist ja in dem Sinne kein Musikstück, sondern eher eine (überlegt kurz) Hymne.

HSF: Die letzte Live-Show, die ich von euch gesehen habe, war 2019 auf dem Wacken Open Air.

Simon Michael: Ohne “Julia und die Räuber”. Und ohne “Sieben”. Ich erinnere mich noch gut daran, weil da gab es nämlich ein Shit-Stürmchen. Aber egal.

Bodenski: Aber gerade was Wacken betrifft, ist das noch mal eine ganz andere Kiste. Da wollten wir wirklich ein Zeichen setzen, weil wir da mittlerweile so zum Inventar gehören. Es ging auch ein Stück weit darum, nicht berechenbar zu sein. Es war ein großer Kampf, dass wir diesen Nachmittags-Slot bekommen haben. Andere Bands würden dafür töten, als letzte Band am Samstag spielen zu dürfen, aber wir haben das schon elf Mal gemacht.

HSF: Ja, das war schon ein bisschen ein Wacken-Ritual. Samstagnacht 2:00 Uhr kommt die “Hallo Freunde”-Ansage von Eric und man wusste, dass nun Subway To Sally das Festival beschließen.

Bodenski: Ja. Aber eine Band, die sich ständig neu erfindet, die hadert damit. Genau damit.

HSF: Ja, das ist nachvollziehbar. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte. Gehört dieses Konzept mit Erics Perücke und der goldenen Jacke auch dazu.

Bodenski: Das wirst du heute noch mal sehen, ja.

Simon Michael: Das ist der Messias.

Bodenski: Das ist ja der erste Song im Set. Und “Hey!” ist ja nach wie vor unser aktuelles Album. Und wir haben es nicht so oft spielen können, wie wir wollten. Deswegen sind wir eigentlich noch so ein bisschen in dem Modus drin.

HSF: Ist denn in Richtung neues Album schon etwas geplant?

Bodenski: Ja, geplant.

Simon Michael: Wir denken laut darüber nach. Ja, es wird ein neues Album geben. Aber uns geht es genauso, wie jedem anderen auch. Wir haben auch alltägliche Probleme, wie Kinderbetreuung und so weiter und sofort. Und um bei der Wahrheit zu bleiben, wir müssen auch gucken, dass wir über die Runden kommen, weil die Band unser Haupt-Job ist und wir seit eineinhalb Jahren im Grunde genommen um unseren Job gebracht sind. Deswegen kommen wir nicht so schnell voran, wie wir uns das wünschen. Aber wir kommen voran. Was es nicht geben wird, ist ein gewöhnliches Album, wo das drauf ist, was die Leute von uns erwarten. Das wird wahrscheinlich nicht passieren. Dementsprechend wird sich das Warten auch lohnen.

HSF: Das klingt doch spannend. Also ich bin sehr gespannt auf das neuen Album.

Simon Michael: Ja, wir auch. (lacht).

HSF: Seit ihr denn sonst im Großen und Ganzen halbwegs passabel durch die Pandemie gekommen?

Bodenski: Wir sind bis jetzt ganz gut durchgekommen. Aber wir fangen jetzt an zu begreifen, und da sind wir wieder am Anfang des Gesprächs, dass es ja noch lange nicht vorbei ist. Wir werden auch keine Eisheilige Nacht in diesem Jahr machen, jedenfalls zu 90 Prozent nicht. Einfach weil es zu viele Unwägbarkeiten gibt. Und inzwischen wackeln ja auch einige Dinge im nächsten Jahr. Man darf ja auch eines nicht vergessen. Wir als Band sind ja nur ein Teil von dem ganzen Getriebe, was gestört ist. Noch viel schlimmer sind ja die Veranstalter dran, die oft ins persönliche Risiko gehen mit ihren Veranstaltungen.

Die Leute, die sich jetzt raus gewagt haben aus der Deckung und Veranstaltungen gemacht haben und sich jetzt eine blutige Nase holen, weil sie aufgrund der Beschränkungen oder auch der Zurückhaltung der Leute gar nicht die Umsätze machen, die sie brauchen, um die Kosten wieder rein zu holen. Was ist, wenn die aufhören Veranstaltungen zu machen? Was ist dann? Noch hat sich der Pulverdampf nicht verzogen. Und deswegen können wir nicht einschätzen, was sein wird. Also wir sind noch lange nicht durch.

Simon Michael: Die Leute da draußen denken immer, dass wenn man in einer Band wie Subway To Sally, In Extremo oder Schandmaul spielt, ist man reich.

Bodenski: An Erfahrung, ja.

Simon Michael: Also ich sag’s dir offen und ehrlich. Wenn man eine super erfolgreiche Release Tour spielt, dann verdient man auch gutes Geld. Es wird in meinem Fall zwar nie so viel sein, wie bei meinem Bruder, der als Techniker bei Siemens ist. Aber für einen Künstler kann man damit Geld verdienen. In unserem Fall hat es jetzt gereicht, weil wir wirklich eine sehr sparsame Band sind und weil wir unseren eigenen Backkatalog verwalten, also die ganzen Alben bei uns liegen und so weiter. Darum sind wir jetzt eineinhalb Jahre ganz gut durchgekommen.

Es ist aber flächendeckend so, auch bei Veranstaltern, dass jetzt die Kasse leer ist. Jetzt zum Herbst ist bei vielen Veranstaltern und Bands darum einfach Schluss. Dann gibt es diese Bands vielleicht noch auf dem Papier. Aber wenn du deinen Proberaum nicht mehr bezahlen kannst und davon nicht mehr leben kannst, dann geht das halt nicht. Kollegen von mir arbeiten mittlerweile in Vollzeit bei Fressnapf. Und das sind keine Schülerbands, sondern das sind Bands, die erfolgreicher sind als wir. Und die werden wahrscheinlich auch nie wieder in einen geregelten Tourneebetrieb und so weiter zurückkehren. Das wird es für die nicht mehr geben.

Und auch um hier bei der Wahrheit zu bleiben, und dann reden wir wieder über schöne Dinge. Diese ganzen Hilfen, Staatshilfen und so weiter. Also Künstler sein, Musiker sein, in einer Rockband sein, das ist so ein heterogenes Feld. Es gibt da so viele Fallstricke. Diese Hilfen kommen nur in den geringsten Fällen an, wo sie ankommen sollen. Nach wie vor. Nach eineinhalb Jahren Corona. Und dementsprechend bleibt es spannend.

HSF: Ich hoffe das Beste. Ich wünsche euch als Band und auch persönlich, dass ihr da gut durchkommt und auch weiterhin tolle Alben präsentieren könnt. Wollt ihr unseren Lesern noch etwas sagen?

Simon Michael: Ja, ich möchte etwas sagen. Das war ein sehr, sehr gut vorbereitetes Interview. Das hat man selten in der Form, dass sich jemand so mit der Band beschäftigt und so über alles Bescheid weiß. Das war sehr gut.

HSF: Vielen, vielen Dank. Das hört man gerne.

Bodenski: Wir bedanken uns auch.

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