Carpe Diem ist Latein und bedeutet so viel wie “Nutze den Tag”, oder auf Englisch “Seize The Day”. Unter diesem Motto spielen Saxon eine Zusatzshow in Osnabrück. Als teilexklusiver Support Act sind Rage auch in Oberhausen dabei. Folglich ein guter Sonntagabend im Hyde Park. Im Prinzip also genau das Motto der Tour.
Ausverkauft ist der Hyde Park heute Abend zwar nicht. Aber es gehen an der Abendkasse noch genügend Tickets weg, so dass es vor der Bühne ordentlich voll wird. Locker stehen ist aber drin, was gerade bei diesen Temperaturen auch ganz angenehm ist.
Rage spielen, entgegen meiner Annahme, tatsächlich keinen Co-Headliner Gig. Ein vorgelagertes Schlagzeug und zwei Sidedrops bilden die Kulisse. Die zwar ordentlichen, aber dennoch etwas lieblose Mikrofonkabelbündel, die an den Drums hängen, geben dem Ganzen einen herrlichen Underground Touch. Rage wollen in ihrer Spielzeit einen kleinen Querschnitt durch ihre 40-jährige Geschichte präsentieren. So zum Beispiel mit “The Solitary Man”, bei dessen Mainriff mir auffällt, dass es auch einem frühen In Flames Song entspringen könnte, “Back In Time”, “My Way” oder “End Of All Days”.
Mit “Straight To Hell”, der aus dem Soundtrack zu Michael Bully Herbigs Film “Der Schuh des Manitu” stammt, bekommen wir eigentlich schon einen Standardsong der jüngeren Rage Geschichte, bevor mit “Don´t Fear The Winter” wieder ein Klassiker dargeboten wird. Das unvermeidliche “Higher Than The Sky” und der daraus folgende Fanchor bilden den Abschluss einer guten Anheizershow im ohnehin um diese Jahreszeit viel zu warmen Hyde Park. Vielleicht ist auch das der Grund, warum Peavy heute für seine Verhältnisse schlicht gekleidet ist und seine knochen- und fellbehangene Legion of Doom Gedächtnisweste zu Hause gelassen hat.
Das Bühnenbild von Saxon ist in schlichtem Rot mit Goldschrift gehalten. Es wirkt sehr römisch angehaucht, was zum lateinischen Titel “Carpe Diem”, mit dem sie den Set auch eröffnen, und der in jeder Social-Media-Beschreibung von 20-jährigen Studentinnen als Lebensmotto angegeben wird, gut passt. Mit “Motorcycle Man” und “Power And Glory” haben wir ein Anfangstriple aus Neu und Alt. Aufwendige Effekte sind nicht nötig. Ein paar Verdampfer erzeugen Rauchsäulen aus Wasserdampf, die farblich angestrahlt werden. Ansonsten lässt die Band ihre Musik für sich sprechen.
Nach “Dambusters”, welches ebenfalls vom “Cape Diem” Album stammt, fliegt die erste und einzige Kutte auf die Bühne, die Frontmann Biff respektvoll an das Schlagzeug hängt und sie dann bei “Heavy Metal Thunder” kurz mal überzieht. Den Rest des Gigs hängt sie dann wieder an der Schlagzeugaufhängung. Weiter gehts mit “Sacrifice” und “Living On The Limit”. Nach dem Schweizer Prinzip der Volksabstimmung dürfen nun die Fans entscheiden, welcher Song als nächstes gespielt werden soll. Zur Auswahl stehen “Broken Heroes”, “Ride Like The Wind” und “Crusader”. Eigentlich klar, dass “Crusader” gewinnt, oder? Mit “Strong Arm Of The Law”, “Wheels Of Steel” und “747 Strangers In The Night” folgen noch die klassischen Abschlussnummern, bevor man mit u.a. “Denim And Leather” und “Princess Of The Night” noch mal ein paar Zugaben spielt.
Getreu dem Motto der Tour hat heute jeder der Anwesenden den Sonntag voll ausgenutzt, während der Spießbürger vor seinem Fernseher den x-ten Tatort gesehen hat und in seiner Monotonie versauert ist. Selber schuld.
Carpe Diem!