Christian Steiffen ist ein Phänomen für sich. Musikalisch eigentlich tief im Schlager verwurzelt, spricht er dennoch auch Punks und Metaller gleichermaßen wie ernsthafte Schlagerfans an. Besonders seine Gastauftritte beim Tele5-Kultformat Schlefaz (Schlechteste Filme aller Zeiten) und seine kleinen Rollen und musikalischen Beiträge zu den Eberhofer Krimiverfilmungen sorgten für seinen Durchbruch.

Es ist der 16.12.22 und heute findet die Zusatzshow im Hyde Park statt. Das Originalkonzert am Folgetag ist bereits restlos ausverkauft. An der Vorband Ulli Baracuda And The Pink Flamingos wird das allerdings nicht liegen. Christian Steiffen leidet auch ein wenig am Rammsteinsyndrom, bei dem einfach in 90% der Fälle die Vorband nur minder interessant ist.

In diesem Fall ist es eine krude Mischung aus Reggae, Calipso und anderer “Insel unter Palmen”-Musik. Sie wird von einem älteren Herren vorgetragen, der mit seinem weißen Anzug aussieht, als hätte er Anfang der Neunziger einen Themenpark mit Dinosauriern geführt. Zwar sind Isla Sorna und Isla Nobla auch tropische Inseln, aber der John-Hammond-Verschnitt gibt sich nicht mal Mühe zu singen. Eigentlich sind seine Vocals nur laut gesprochene Ansagen. Bei manchen verstehe ich nicht einmal genau, in welcher Sprache er sie wiedergibt. Seine Begleitband hätte auch gut und gerne mit Stefan Raab beim 2000er Grand Prix spielen können: Pinke Glitzerjackets und ein Saxophonist mit Tutanchamun-Kopfschmuck. Die Bühnendeko mit leuchtenden Neonflamingos gefällt mir allerdings. Hat etwas vom Babylonclub aus Scarface.

“Meine Damen und Herrn, begrüßen Sie mit mir, und er freut sich riesig, heute Abend hier sein zu können. Er ist ein Arbeiter der Liebe und das Bernsteinzimmer der guten Musik, ein wenig Ekstase für Christian Steiffen.” Sein selbst gesprochenes Intro, das er mit dem Rücken zum Publikum aufsagt, ist einfach schon Kult. Genauso wie die Tatsache, dass er immer mit dem gleichen Song (Ich glaube das macht so eine schwedische Power-Metal-Band auch) “Wie Gut, Dass Ich Hier Bin” eröffnet. Natürlich gefolgt von “Ich Hab Die Ganze Nacht Von Mir Geträumt”. Riesenstimmung!

Christian erzählt uns die unglaubliche Geschichte darüber, dass er bei seinem letzten Auftritt in Aschaffenburg eine Discokugel auf den Schädel bekommen hat, worauf er in ein Koma fiel und träumte, dass wir eine zweijährige Pandemie durchleben mussten. Es geht ihm aber offenbar wieder gut, denn er singt ja wieder für uns und auch Prof. Dr. Haseland, alias Das Original Haseland Orchester, sitzt wieder an den Keyboards. Riesenstimmung! Für “Du Und Ich”, welches tatsächlich für die Eberhofer Krimis geschrieben wurde, sucht sich Christian wieder eine weibliche Begleitung, die zum Playback einfach nur den Mund aufmachen muss.

Aber Obacht! Das muss schon authentisch aussehen. Die erste junge Frau, die es versuchen will, heißt Amy. Nach nicht einmal einer Minute bricht Christian den Song ab und komplimentiert Amy von der Bühne. Eine übliche Vorgehensweise und bisher hat es bei den Konzerten, die ich von ihm gesehen haben, auch nie im ersten Anlauf geklappt. Zweite Runde dieses Mal mit Babsi. Klappt. Song sitzt. Riesenstimmung! Allerdings ist es nun Amy, die für den Rest des Abends im Fokus des Herrn Steiffen steht. Mit “Eine Flasche Bier”, für das sich Christian Steiffen eine Gitarre aus dem riesigen Regal, das er im Hintergrund stehen hat, besorgt und dem später noch gespielten “Ich Habe Haschisch Probiert” gehts berauschend weiter. Verstehen sie? Weil Rausch… egal.

Sein Outfit bei “In Budapest Beim Schützenfest 1810” erinnert ein wenig an das My Chemical Romance Video zu “The Black Parade”, um dann bei “Wie Der Wind” wie ein Countrysänger über die Bühne zu laufen. “Ja Ja Die Punkmusik” wird heute einem gewissen Bela B von Die Ärzte gewidmet. Denn der Mann ist wenige Tage zuvor 60 geworden, auch wenn er immer noch aussieht wie 30. Herzlichen Glückwunsch.

Bevor es zu den obligatorischen Zugaben kommt, (Christian erwähnt hier auch immer wieder, wie viele Songs es noch vor den Zugaben gibt) beendet er, in Anführungszeichen, den offiziellen Part natürlich mit “Träum Von Mir Ein Leben Lang”. Der Song lief im Übrigen auch im Abspann des letzten Eberhofer Krimis. Wirklich zum Ende kommt eine Christian Steiffen Show natürlich erst mit “Eine Rose”. Dabei schreitet Herr Steiffen in allerbester Fernsehgartenmanier durch das Publikum. Riesenstimmung! Und das war es, das letzte Konzert für dieses Jahr. Vergesst nicht, am 24. und 28. Dezember eine Jacky-Cola zu trinken und ein Frohes Neues. Kauft Konzertkarten, geht zu den Shows und sauft die Läden leer. Man sieht sich – euer Inqui.