Festivalbericht – Headbangers Open Air

Der Garten brennt

Unter dem Motto “Der Garten brennt” fand am letzten Juliwochenende in Brande Hörnerkirchen wieder das Headbangers Open Air statt. Bei überwiegend gutem Wetter feierten Fans von traditionellem Heavy Metal wieder die wohl größte Gartenparty der Welt. Und das Team von Heavy Stage Force war mittendrin.

Donnerstag

Eröffnet wird das Festival am Donnerstagnachmittag von den Indischen Thrash Metallern Kryptos. Bereits jetzt ist das Gelände ganz ordentlich gefüllt und die Band wird stürmisch begrüßt. Davon anscheinend angestachelt servieren die Inder heute ein knallhartes Programm aus Riffsalven, knackigen Drums und wütendem Gesang. Das gefällt dem Publikum und so werden ordentlich die Matten geschüttelt und die Pommesgabel gezeigt. Mit „The Mask Of Anubis“ vom 2012er Album „The Coils Of Appolyon“ verabschiedet sich Kryptos noch einmal mit einem Paukenschlag. Ein toller Auftakt für das Festival. (Erle)

Später am Abend geht es dann mit der NWOBHM-Legende Angel Witch weiter, die einen sehr überzeugenden Auftritt hinlegen und zeigen, dass sich neuere Songs wie “Guillotine” nicht vor den Klassikern verstecken müssen. Das sehen einige Fans offenbar anders, weswegen Songs wie “Angel Of Death” und die Bandhymne “Angel Witch” selbstverständlich am lautesten bejubelt werden. Im Gegensatz zu vielen anderen wiedervereinigten Kollegen aus der NWOBHM-Ära müssen sich Kevin Hepburn und seine Mannen mit der letzten Platte “As Above, So Below” (2012) nicht hinter den Frühwerken verstecken. (Padre)

Freitag

Das vorab großspurig angekündigte “Bierfrühstück mit Steelpreacher” fällt mit einem in die Menge verspritzten Fünf-Liter-Fass Bitburger recht mager aus, und auch die musikalische Darbietung auf der Bühne, die mit erheblich mehr Herzblut als Songwriting-Skills daher kommt, macht statt Lust auf Bierfrühstück eher Laune auf Frustsaufen, schnell zurück zum Trichter. (Padre)

Mit in die Luft gestreckten Fäusten werden Night aus Schweden von ihren Fans begrüßt. Auch wenn es noch recht früh ist, so ist das Gelände schon wieder zu einem Gutteil gefüllt. Und die Besucher werden für ihr frühes Erscheinen belohnt. Die Jungs zocken ein straightes Set runter, das ungefähr zu gleichen Teilen aus Songs der beiden Alben „Soldiers Of Time“ und „Night“ besteht. Mit ihrer melodiösen Hardrock/Heavy Metal Mischung kann die Band seine Fans überzeugen und erntet dafür auch den verdienten Applaus. (Erle) Musikalisch unterscheiden sich Night allerdings auch nicht von den ganzen drölfzig anderen Old School-Kapellen aus Schweden. Der miese Sound und der anstrengende Gesang machen es zudem nicht besser. (Padre)

Deutlich rustikaler gehen dann Killen zu Werke. Die Heavy Metal-Truppe aus New York, die sich zwar bereits 1985 gründete, seither aber nur ein Full Length Album veröffentlichte kommt längst nicht so melodiös rüber, wie zuvor Night. Zwar kann der Opener „Scream In the Night“ mit seinen teils hohen Screams und den Speed Metal artigen Gitarrenleads noch den ein oder anderen Headbanger begeistern, insgesamt scheint die Truppe aber nicht so viele Besucher zu interessieren. Hinzu kommt, dass der Sound irgendwie matschig klingt.

Ein komplett anderes Bild zeigt sich dann bei Ostrogoth. Das Gelände ist gut gefüllt und es schallen Ostrogoth Schlachtrufe über Gelände, als das belgische Heavy Metal Urgestein die Bühne betritt. Und auch die Band scheint heute richtig gut drauf zu sein. Auf jeden Fall ist auf der Bühne sehr viel Bewegung und die Gitarristen posen um die Wette. Sänger Josey Hindrix heizt das Publikum zusätzlich an und singt zum Ende sogar während er sich vom Publikum tragen lässt. Und spätestens beim All Time Klassiker „Full Moon’s Eyes“ rasten auch die Fans vollkommen aus, singen lautstark mit und Schwingen die Matten. So und nicht anders muss eine ordentliche Metalparty aussehen. (Erle) Man kann eine hüftsteife Rentnerparty einer Band, von der nur noch Drummer Mario Pauwels als einzige “von früher” dabei ist, aber auch als einfach überflüssig und langweilig bezeichnen. Aber für die Meisten vor der Bühne ist das Gebotene offenbar kultig genug um kräftig abzufeiern.  Jedem das Seine. (Padre)

Bei Holy Moses gibts zwar erheblich mehr auf die Fresse, dafür ist der Sound aber absolut grausam. Und die vor einigen Jahren von Sabina Classen neu formierte Band sieht nicht gerade nach Metal aus, macht aber ordentlich Alarm auf der Bühne. Unterm Strich bleibt nichts wirklich Erinnerungswürdiges, ab zum Bierstand. (Padre)

Highlight des Tages, wenn nicht sogar des ganzen Festivals ist dann aber Ross The Boss. Die Truppe um den Ex-Manowar Gitarristen zeigt in ihrem 90minütigen Gig eindrucksvoll, wie viel Klasse in den ersten Manowar-Alben steckt. Von „Battle Hymns“ über „Gates Of Valhalla“, „Blood Of My Enemies“, „Sign Of The Hammer“ und vielen weiteren Klassikern bis hin zu „Hail And Kill“ führt das Programm der Band. Dabei brilliert ganz besonders auch Neu-Sänger Mike Cotoia, der die Vocals bestens nachsingt und dabei mindestens genauso viel Energie freisetzt wie Eric Adams zu besten Zeiten selbst. Auch die Fans sind begeistert und feiern die Band nach allen Regeln der Kunst ab. Immer wieder werden Fäuste, Pommesgabeln oder das Sign Of The Hammer in die Luft gestreckt. (Erle)

Nach dem heimlichen Headliner folgt nun der reguläre: Die Arizona-Thrash-Legenden Sacred Reich! Und die Band um Sympathiebolzen Phil Rind zeigt eindrucksvoll, dass nun wirklich niemand ein neues Album braucht, da Hits wie “Surf Nicaragua”, “Death Squad” und “The American Way” immer noch problemlos die Konkurrenz pulverisieren. Zudem haben die Vier ihre Setlist ein wenig umgestellt und “Blue Suit, Brown Shirt” und den Titeltrack des bei vielen Fans sträflich unterbewerteten “Heal” (1996) eingebaut. Wenn jetzt noch öfter statt dem (wirklich großartigen) Black Sabbath-Cover “War Pigs” mal “Ask Ed” und “No Believers” eingebaut werden, dann lacht das Thrasher-Herz erst recht. Nach dem genialen Gig von Ross The Boss noch so einen starken und begeisterten Auftritt hinzulegen muss man auch erst mal schaffen. (Padre)

Samstag

Der letzte Festivaltag beginnt mit The Deep aus England. Die Band spielt melodischen NWOBHM mit Hardrock Einflüssen. Kein Wunder also, dass man hier und da immer wieder an alte Maiden Scheiben erinnert wird. In den Vocals sind zudem Elemente des Dio typischen Gesangs wahrzunehmen. Bemerkenswert bei dieser Band ist, dass sie zwar schon seit den frühen 80ern (in verschiedenen Besetzungen und unter diversen Namen) besteht und auch von deren Musik beeinflusst ist, ihr erstes Album „Premonition“ allerdings erst im letzten Jahr veröffentlicht haben. Auf der Bühne können die Briten allerdings von ihrer langjährigen Erfahrung profitieren. Die Band bewegt sich sehr viel und motiviert auch immer wieder das Publikum zum mitmachen. Insgesamt ein cooler Auftritt. (Erle)

Eine fette Portion „Swedish Steel“ liefern dann Air Raid ab. Seit ihrem viel umjubelten 2012er Debut „Night Of The Axe“ hat sich die klassische Heavy Metal-Band eine ansehnliche Fangemeinde erarbeitet. Und so ist es auch kein Wunder, dass der Garten schon wieder richtig gut gefüllt ist, als die Jungs ihren Gig beginnen. Leider will der Funke jedoch nicht so richtig überspringen. Ob das nun an der eher weniger guten Gesangsleistung oder an der Auswahl der Stücke, die sich überwiegend auf das neue Album „Point Of Impact“ beschränkt liegt, kann ich nicht genau sagen. Auf jeden Fall habe ich persönlich mehr von der Band erwartet. (Erle) Air Raid leiden unter dem selben Problem wie Night am Vortag. Alles gut gemeint und die Attitüde stimmt, aber hängen bleibt nichts. (Padre)

Vardis-Chef Steve Zodiac ist zwar (zumindest optisch) im besten Rentenalter, zeigt den Jungspunden aber ordentlich wo der Hammer hängt. Zwar können die Songs des vor kurzem erschienen Albums “Red Eye” nicht ganz mit den Speed Metal-Blaupausen des legendären “100 M.PH.” von 1980 mithalten, hinterlassen aber einen durchaus positiven Eindruck. Zudem beweist die Band mit kurzen Jam-Einlagen, dass sie perfekt aufeinander eingespielt ist. Mit “If I Were King” verabschiedet sich das Trio und hat sicherlich einige neue Fans dazu gewonnen und gleichzeitig die alten mehr als befriedigt. (Padre)

Neben Ross The Boss wurde wohl nur der Auftritt der ehemaligen Mercyful Fate-Gitarristen Michael Denner und Hank Sherman alias Denner/Sherman mit so viel Spannung erwartet. Allerdings wären die beiden und ihre Band selbst als unbekannter Opener den Erwartungen zu keiner Sekunde gerecht geworden. Der Sound ist eine absolute Frechheit, Sänger Sean Peck sieht aus wie eine Mischung aus Lunikoff und Rob Halford und die Songs der EP “Satan’s Tomb” und des neuen Albums “Masters Of Evil” sind nicht mal auf Schülerbandniveau. Dennoch hätte der Gig durch einen Batzen Mercyful Fate-Klassiker zu einem ähnlichen Triumphzug wie der von Ross The Boss am Vortag werden können. Leider ist die Band nicht besonders eingespielt und die großspurigen Ankündigungen Pecks er könne “den King recht gut imitieren” erweisen sich als Lüge mit  DrachenLordschen Ausmaßen. Wenn sich selbst das abgehärtete HOA-Publikum, das sicherlich schon so manche Selbstdemontage einer Legende schön geredet hat, das Gelände nach und nach verlässt sagt das schon einiges aus. Ein enttäuschender Festivalabschluss. (Padre)

Ansonsten war das HOA wie jedes Jahr, super Stimmung, großartige Menschen, lecker Essen und die Trichter schmeckten so gut wie immer. Der Stand mit den Schupfnudeln war eine großartige Erweiterung des eh schon geilen Essensangebotes. Natürlich war die Duschsituation immer noch katastrophal, genau wie die Versorung des Campgrounds mit Wasser. Zwei Euro für Duschen, die an syrische Flüchtlingslager erinnern und für die man sich dann noch einen Termin reservieren muss, sind an Unverschämtheit kaum zu überbieten. Zum Ausgleich dafür gab es aber auch nur eine kleine Wasserstelle für den gesamten Campground. Hier sollte endlich mal nachgebessert werden anstatt über WLAN auf dem Gelände nachzudenken. Und statt irgendwelche lahmen Reunion-Bands zu hofieren wären doch mal mehr arschtretende jüngere Bands wie Lich King, Striker oder Lunar Shadow eine Maßnahme. (Padre)

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