Festivalbericht – Party.San Open Air 2019 08.08.-10.08.2019 Flugplatz Obermehler/Schlotheim

Party.San

Das wichtigste Extrem Metal Festival Deutschlands, das Party.San Open Air, wird 25. Außer einem Standortwechsel vor ein paar Jahren ist das Konzept des Festivals gleich geblieben. Keine Kirmes, kein Bullshit, nur harter ehrlicher Metal.

Der Eingang des Party.San ist wie jedes Jahr wieder mit den Flaggen der Nationen der dort aufspielenden Bands bestückt. Neben vertrauten Krachnationen wie den Niederlanden oder Schweden ist auch eine russische und sogar südamerikanische Flagge vertreten.

Donnerstag:

Für mich geht das Party.San am Donnerstag aber tatsächlich erst sehr spät um 18:30 Uhr mit Soilwork los. Man kann natürlich Purist sein und die Meinung vertreten, die Band sei schon viel zu sehr im Mainstream. Man kann aber auch die Scheuklappen ablegen und sehen, dass die Band zusammen mit ihren Kollegen von In Flames und Dark Tranquillity eine der wichtigsten Pionierbands des Melodic Death Metal sind. Ihr Set unterscheidet sich nicht wirklich von dem, den sie auch schon auf dem Rockharz gespielt haben, wird aber umso besonderer, da Clear Vocals beim P.S.O.A dann doch etwas seltener vorkommen.

Ascension lasse ich mir tatsächlich aufschwatzen. Irgendwo zwischen Death und Black Metal verortet, reißen sie ein ganz schönes Brett runter. Und weil Masken nun mal gerade schwer angesagt sind, trägt mit Ausnahme des Frontkeifers, dessen Outfit eher an die frühen Slayer erinnert, die gesamte Besetzung Sturmhauben. Da kann man anschließend auch noch mal in einer nahe gelegenen Sparkasse einfallen, sollte die Gage nicht stimmen.

Totgeglaubte… und so. Das gilt wohl auch für Hellhammer. Natürlich steht hier mit Ausnahme von Tom G. Warrior nicht die Originalbesetzung auf der Bühne. Das geht ja leider auch nicht mehr, wenn man bedenkt, dass Martin Eric Ain das bemerkenswerte Handikap hat, tot zu sein. Aber warum das Ganze dann nicht mit der Besetzung von Toms Hauptband Triptykon aufgeführt wird und er stattdessen dafür extra die Band Triumph Of Death, die immerhin nach einer Hellhammer-Kultscheiben benannt ist, gründet, weiß ich auch nicht. Dennoch ist die Show wirklich nicht von schlechten Eltern, und Tom wirkt für seine Verhältnisse sogar recht gut gelaunt.

Was fehlt noch zur Abrundung des ersten Tages? Richtig, eine Alieninvasion. Das übernehmen die Schweden Hypocrisy. Die Band um Kultproduzent und Aliensichter Peter Tätgren spielt endlich wieder. “End Of Disclosure”, “Eraser” oder “Roswell 47”, die ‘Fantasy invasion from the sky’ ist in vollem Gange. Das Festivalshirt, bei dem der Party.San-Schriftzug im Stil des Bandnamens geschrieben wurde, war letztes Jahr schon ein Verkaufsschlager. Ein Zeichen dafür, wie sehr man sich auf diesen Headliner gefreut hat.

Freitag:

Es ist etwas kühler und vor allem windiger geworden auf dem Party.San Open Air 2019. Um warm zu bleiben, hilft da ein schönes Bierchen (Es gibt dieses Jahr sogar zu meiner großen Freude auch Schwarzbier), oder man kämpft am Cuba-Libre-Stand für Kubas Befreiung.

Frühsport hilft auch und den gibt es heute mit den bekloppten Tschechen von Gutalax. Hier kann man bei tief grunzendem Grindcore gepflegt Circlepitten; wahlweise mit oder ohne Klobürste. Das ist sowieso ein Phänomen für sich. Denn während Rettichstangen und Mohrrüben am Eingang von der Security einkassiert werden, sind Toilettensauger und -bürsten wohl kein Problem. Naja, vielleicht machen sich die Jungs aus dem Gemüse ja eine schöne Suppe.

Midnight sind dann am Nachmittag meine nächste Wahl. Ihre Mischung aus Heavy und Black Metal mit einem gewissen Venom-Faktor ist eine schöne Abwechslung im ansonsten doch recht grunz- und keiflistigen Line-Up. Die Band strahlt, wie keine andere, Gefahr aus und zelebriert Zerstörung, Gewalt und Brutalität (Wer hat den Song erkannt?). Krisiun aus Brasilien setzen dagegen wieder auf die grobe Kelle – Am besten schön in die Fresse gerammt mit Stacheldraht umwickelt. Die drei Brüder knüppeln sich durch ihr Set mit “Combustion Inferno” oder “Violent Gladiator”.

Das rumpelt gut und setzt einen schönen Kontrast zu den vor ihnen spielenden Midnight und den nach ihnen spielenden Arkona. Die Russen sind nämlich so mit eine der melodischsten Bands des Festivals. Ihr auf Muttersprache vorgetragener Pagan Black Metal mit Flöten und Schackpfeifen und ihrer schamanenhaften Frontdame Mascha passt vielleicht nicht ganz zum militärischen Image des Festivals, bietet aber genug Brutalität und trotzdem Eingängigkeit. Gerne wieder.

Nachdem ich bei Night Demon auf der Wiese eingepennt bin (Sorry, nicht jede Hype-Band ist auch wirklich das, was ich hören will), stehen die Griechen von Rotting Christ auf den Brettern. Ihr melodischer Black Metal mit Thrash-Anleihen geht eigentlich immer. Schade nur, dass ein Großteil der Songs in griechischen Buchstaben geschrieben ist, so dass ich hier nicht auf die Stücke eingehen kann außer zu sagen, dass sie geil waren.

Ein ähnliches Problem habe ich bei den Polen von Mgla. Ihre Songs haben nicht einmal Namen, sondern nur Nummern, die zum besseren Verständnis immer mit den Albentiteln erwähnt werden. Da die Jungs aber keine Ansagen ans Publikum machen, kann ich auch an dieser Stelle nicht auf die Stücke eingehen. Leider scheint auch das Wetter nicht ganz so begeistert zu sein, denn es fängt erheblich an zu regnen.

Im Verlauf der Show wird es sogar so stark, dass ich mich entschließe, die nachfolgenden Deicide nicht zu sehen, was schade ist. Denn die Geschichte der Band mit dem Party.San ist schon bizarr. Oft wurde diese Band gebucht, musste bisher aber immer absagen, weil Musiker erkrankten oder Bandmitglieder hinter Gittern saßen. Leider wird es in Sachen Regen schlimmer statt besser, so dass auch der Headliner Testament für mich buchstäblich ins Wasser fällt.

Samstag:

Vulvodynia kommen aus Südafrika. Ihr Name steht für eine vaginale Entzündung, und genauso eklig klingt auch ihre Musik: Eine Waschmaschine im Schleudergang befühlt mit Steinen, auf die mit Sidewinder-Raketen geschossen wird. Dazu Intros mit Frauengeschrei und Metzelgeräuschen. Wer`s mag.

Die Isländer von Svartidaudi wirken daneben schon fast melodisch, und auch das will was heißen. Ihr Black Metal ist aber erstaunlich eingängig, zumindest empfinde ich das so. Ihre Sackkapuzen haben sie diesmal gegen Make-up eingetauscht. Man muss ja auch nicht jeden Trend mitmachen.

Von Island geht’s einmal quer über den Kontinent nach Griechenland. Suicidal Angels kloppen ein wenig Thrash in die Menge. Jedoch haben die Jungs auch melodische Parts in ihrer Musik, so dass es nicht ganz so stumpf auf die Fresse gibt.

Immolation gelten ja als etwas schwer zugänglich. Das finde ich eher weniger. Zwar sind Stücke wie “World in Agony” schon ziemlich vertrackt, es wird aber nie zu frickelig, und somit sollte man eigentlich gut mit der Musik klarkommen.

Heute schaffe ich es tatsächlich auch mal ins Zelt und zwar zu Damnation Defaced. Ganz zuordnen kann man die Jungs nicht wirklich. Einflüsse aus Melodic Death Metal aber auch aus klassischem Death- und sogar Modern Metal mischen sich hier zusammen. Zur Mitte des Sets wird die Band über mehrere Songs von einer Cellistin begleitet, etwas was man auf dem P.S.O.A. auch nicht oft geboten bekommt. Allerdings merke ich bei den steigenden Temperaturen schnell, warum ich das Zelt die letzten Tage gemieden habe.

Destruction sind eigentlich eine Thrash-Metal-Legende. Heute gefallen sie mir eher weniger. Zwar ist die Setlist nicht schlecht, “Nailed To The Cross”, “The Butcher Strikes Back”, aber der Sound ist über weite Strecken einfach nur schlecht. Und auch wenn ich weiß, dass die Worte Schmiers über die Szene und wer sie definiert, gut gemeint sind, wirkt er doch gerade deshalb zu sehr wie eine männliche Doro Pesch bei einem ihrer Wacken-Auftritte.

Einen besseren Sound haben Undergang im Zelt. Ziemlich grober Death Metal trifft auf gelegentliche Black-Metal-Keifereien. Wirklich umhauen tut’s mich nicht, aber für zwischendurch ganz gut zu hören.

Die schwedischen Naglfar haben ein großes Problem: Tageslicht! Ihr leicht paganistischer Black Metal würde im Schutze der Dunkelheit viel intensiver rüberkommen. So macht man aber auch das Beste aus der Sache und reißt einen guten Set ab.

Wo wir schon bei Dunkelheit sind. Schon oft sind mir Live-Auftritte von Sólstafir schwer an die Nieren gegangen, aber heute dürfen sie als Co-Headliner nach Einbruch der Nacht spielen. Zwar bollert das Schlagzeug etwas zu hart, aber die Gitarren und der Gesang sind dafür glasklar. Auch, dass die Band gleich mit meinem Lieblingssong “Kohld” einsteigt, trägt zu meiner Verzückung bei. Und ebenso neuere Stücke wie “Fraja” fügen sich perfekt in den Set ein. Zum Schluss stellt Sänger Aðalbjörn Tryggvason seine Gitarre zur Seite und sucht, über den Wellenbrecher schreitend, den Kontakt zum Publikum. Wem dieser Auftritt nicht nahe geht, der hat einfach ein kaltes Herz. FAKT!

“We Are Bloodbath from Sweden” sagt ausgerechnet Nick Holmes, das einzige nicht schwedische Mitglied. Der Engländer ist seines Zeichens hauptberuflich Frontmann der Goth-Metaller Paradise Lost, macht aber hier eine deutlich bessere Figur. Er steht im Anzug auf der Bühne und wie seine Kollegen auch mit Theater-Blut übergossen. Ordentlich Pyro und Nebel kommt zum Einsatz. Dafür, dass ich die Band noch nie gesehen habe, finde ich ihren Auftritt recht mitreißend, auch wenn ich die einzelnen Stücke nicht kenne.

Das haben zuletzt Iron Maiden 2008 bei mir geschafft (mit gerade mal 18 kannte ich deren Stücke auch noch nicht). Auch zur derzeitigen Klimadebatte findet man die richtigen Worte “You´re all know that we live on a planet that is dieing”. Und Recht hat er damit. Somit schließt das schwedisch-englische Komglomerat das Festival perfekt ab. Für 2020 sind bereits die ersten Bands bestätigt. Graceless1914, Månegarm, Infernäl Mäjesty und mit einer exklusiven Deutschland-Show Dismember. Na, dann bis nächstes Jahr.

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