Alle Jahre wieder ruft das RockHard Festival eine große Osnabrücker Delegation ins wunderschöne Gelsenkirchen. Und bei der Bandauswahl war es sogar fast egal, dass die Knappen am Samstag Hoffenheim mit 1:4 vom Platz jagten.
Freitag, 13. Mai
Aufgrund des Aufbaus einer angemessenen Ruhrpott-Betrunkenheit ging es erst zur Halbzeit von Tankard ins Amphitheater. Da die vier Frankfurter sich aber, mit Ausnahme von “Zombie Attack”, “The Morning After”, “Chemical Invasion” und “(Empty) Tankard” auf neueres Material beschränkten, war das auch nicht weiter tragisch. Aber schön zu sehen, dass Drummer Olaf Zissel seinen Schlaganfall sehr gut überstanden und verarbeitet hat und die Kessel wie eh und je verdrischt, während seine Vordermannschaft bei schönstem Wetter für ordentlich Alarm sorgte. Da mussten Destruction natürlich showmäßig was drauflegen, und hatten neben einer sehr old-schooligen Setlist (Lediglich “Nailed To The Cross” vom 2001er Album “The Antichrist” passte nicht so ganz) den Mad Butcher und seine Gespielin am Start. Ähnlich schaurig, wie die Vorstellung vom Bandmaskottchen verfolgt zu werden, war auch der Sound. Tief gestimmt bis Meppen und mit Triggerdrums klang das Trio fast schon nach Metalcore. Dafür hatten Schmier und Mike ihren ersten Drummer Tommy Sandmann und seinen Nachfolger Oliver Kaiser wieder ausgegraben. Ersterer saß laut Aussage von Schmier seit 30 Jahren nicht mehr an einem Drumset. Hat sich leider auch so angehört. Später enterte noch ein reichlich wankender Andy Brings (ex-Sodom) für “Total Desaster” die Bühne, was den Sound zum ersten Mal erträglich machte. Anschließend kamen zum Venom-Cover “Black Metal” Tom Angelripper und Gerre auf die Bühne und Destruction konnten nun richtig begeistern.
Die Lokalmatadoren Wodos (aka Sodom) hatten danach leichtes Spiel. Vor einem an ungarische Grenzanlagen erinnernden Bühnenbild (Stacheldraht und so) prügelten sich Angelripper und seine Kollegen durch ein Set mit Songs aus allen Bandphasen, von “Blasphemer” (mit Grave Violator an der Gitarre!) über “M-16” bis zum neuesten Song “Sacred Warpath” war alles dabei. Schade nur, dass Grave Violator der einzige Gast blieb, obwohl Andy Brings und auch ein gewisser Herr Blackfire ebenfalls anwesend waren. An sich waren Sodom ein würdiger Headliner, hätten aber noch viel mehr aus ihrem Auftritt herausholen können. Dass dies auch als Thrash-Band möglich ist, haben Kreator ja bei ihrem letzten beiden Gastspielen bewiesen. (Padre)
Samstag, 14. Mai
Der Samstag brachte neben mindestens zehn Grad weniger auch Regen und kalten Wind. Dabei kam die Gänsehaut während Sorcerer auch so von ganz allein. Die schwedischen Epic Doomer zeigten, dass man ernsthafte, düstere Musik spielen und dabei trotzdem ‘ne Menge Spaß in den Backen haben kann. Ernsthaft und düster ging es dann auch mit Tribulation weiter. Aber auch nur ernsthaft, nicht ernstzunehmend, zumindest was das Gruftie-Bordsteinschwalben-Outfit von Gitarrist Jonathan Hultén angeht. Musikalisch kann das schwedische Quartett allerdings auf ganzer Linie überzeugen und sogar ihre Wandlung vom Death Metal zu eher sphärischen Gothic-Klängen nimmt man ihnen voll und ganz ab. Aber es fällt einem schwer, bei den Verrenkungen auf der Bühne nicht zu grinsen. (Padre)
Sänger “JB” von Grand Magus entschuldigte sich für die lange Bühnenabstinenz in Deutschland. Noch nicht zu alter Stärke zurückgefunden, aber mit dem neuen Album “Sword Songs” in der Hinterhand und den bewährten Doom-Klassikern wurden die Fans besänftigt. (Dark Angel)
Dann hieß es, betrunken genug für The Exploited zu werden. Aber selbst diverse Trichter und Boonekamp machten das eintönige Gerumpel auf der Bühne nicht erträglicher. Da half auch der Gastauftritt von Schmier bei “Fuck The USA” nichts. Aber vermutlich muss ein The Exploited-Auftritt auch exakt genau so sein. Danach gings für mich zum Catchen bei Pizza Toni in Herne. Chash Money Erkan, Crazy Sexy Mike und Pascal Spalter statt Metal Church und Turbonegro – das müsst Ihr verstehen! (Padre)
Das widrige Wetter nötigte uns leider dazu, den Abend im windgeschützten Zelt ausklingen zu lassen. Mit feuchten Augen wurde die Hintergrundmusik von Metal Church und Turbonegro für sehr gut befunden. (Dark Angel)
Sonntag, 15. Mai
Black Trip hatten am frühen Morgen bei kaltem Wind, Regenschauern und generell beschissenem Wetter ihre liebe Mühe mit dem arg verkaterten Publikum. Zudem wurden die beiden größten Hits “Die With Me” und “Shadowline” direkt im ersten Drittel des Sets verpulvert. Trotzdem war das Amphitheater begeistert, auch weil Joseph Toll mittlerweile ein echt guter Frontmann geworden ist, der es versteht das Publikum zu begeistern. (Padre)
Mit einer kräftigen und ansprechenden Gesangsstimme und melodischem Gitarrenspiel lockte Nightingale die Festivalbesucher ins Amphitheater. Dass hier ein begabter Musiker am Mikro stand, der auch vorzüglich die Gitarrensaiten bediente, bemerkte wohl jeder sofort, aber dass es sich hierbei um Multitalent Dan Swanö handelte, erschloss sich für viele erst, als zum Schluss des Sets “Black Tears” von Edge Of Sanity präsentiert wurde. Dan Swanö ist und war im Laufe der Jahre schon in zahlreichen Bandprojekten unterwegs. Im Anschluss sorgten Orden Ogan mit ihren farbigen Rollbannern auf der Bühne für gute Laune. Der inzwischen dritte Auftritt der Band beim RockHard Festival war, wie immer, sehr stimmungsvoll und gelungen. Und auch die Portugiesen von Moonspell konnten mit einer abwechslungsreichen Setlist gefallen, auch wenn ich persönlich mit dem starken Akzent des Sängers nicht so gut klarkomme. (Dark Angel)
Fast könnte man glauben, dass Riot (jetzt Riot V) seit dem Tod von Mark Reale angesagter sind als je zuvor. Einen großen Anteil daran dürfte Sänger Todd Michael Hall haben, der nicht nur die Songs aus allen Bandphasen nahezu perfekt singt, sondern auch noch so einige Frauenherzen höher schlagen lässt. Die besten Publikumsreaktionen im mittlerweile randvollen Amphitheater (der Sonntag war komplett ausverkauft!) ernteten natürlich die Bandhymnen “Warrior”, “Thundersteel” und “Swords And Tequila”, aber auch die Songs vom aktuellen Album “Unleash The Fire” kamen gut an. Zudem hatte die Band mit dem Covermotiv von “Fire Down Under” das mit großem Abstand hässlichste Shirt des Festivals am Merchstand. (Padre)
Mit einer aus mehreren Alben zusammengestellten Festival-Setlist konnten Blind Guardian überzeugen. Die Song-Ansagen von Hansi Kürsch sorgten bei den Fans immer wieder für Begeisterungsrufe. Es war Gänsehaut-Feeling pur, als das ganze Amphitheater bei “Valhalla” und “The Bard’s Song” mitsang. Wir erlebten zum Abschluss des Festivals einen starken und würdigen Headliner. (Dark Angel)
Abschließend lässt sich sagen, dass das Rock Hard Festival auch 2016 wieder ein Erfolg war. Die sanitären Anlagen auf dem Campingplatz sind und bleiben unschlagbar, und im Amphitheater kann man von überall alles gut sehen. Leider hatten dieses Jahr viele Bands teilweise deftige Soundprobleme. Dies mag teilweise dem Wind geschuldet sein, aber wenn es selbst im eher windgeschützten Bereich vor der Bühne scheiße klingt, dann scheint was im Argen zu sein. An die festivaltypischen Preise für Essen und Getränke hat man sich ja mittlerweile schon gewöhnt, aber die Anzahl der lächerlich verkleideten Selbstdarsteller in ihren Karnevalskostümen nimmt immer mehr zu. Dadurch scheint so nach und nach der familiäre Charakter eines Festivals voller Musikexperten verloren zu gehen. Ich bzweifle nämlich, dass man mit einem Typen im Pikachu-Kostüm genau so gut am Cocktailstand über irgendwelche Demos fachsimpeln kann wie mit einem Kuttenträger… (Padre)
Fürs nächste Jahr sind übrigens schon D-A-D, Secrets Of The Moon und Candlemass bestätigt.
Bericht: Padre & Dark Angel
Fotos: Dark Angel
Fotos von Freitag:
Fotos von Samstag:
Fotos von Sonntag:
Klasse Review und tolle Fotos!
Aber dür das nächste Jahr bitte besseres Wetter! 😉