Ektomorf – Vivid Black Over Europe 24.03.2024, Westwerk, Osnabrück

Das Jugendzentrum Westwerk wird heute tatsächlich zum Schauplatz eines stilistisch recht offenen Metalabends. Denn Ektomorf haben mit gleich drei Vorbands – Inmate, Serpents und Tag My Heart – eine Genrevielfalt zu bieten, die ihr sonst nur auf Festivals bekommen werdet.

Ektomorf

Kurioser Funfact zu Beginn. Der Einlass erfolgte bereits um 16:30 und planmäßig sollte es erst um 18:20 Uhr mit der ersten Band beginnen. Aufgrund von technischen Schwierigkeiten zieht man den Beginn dann allerdings mal eben 30 Minuten nach vorne, so dass man schon um 18:00 Uhr anfängt. Das ist das erste Mal in der Geschichte der Musikunterhaltung, dass eine Veranstaltung aufgrund von technischen Pannen früher beginnt.

Den Beginn machen dann die Jungs von Inmate. Das slowenische Quartett hat keinen Bassisten im Line-Up, dafür aber gleich zwei Achtsaiter, deren volles Potenzial allerdings nicht so ganz ausgeschöpft wird. Ihre Musik ist eine Mischung aus Modern- und Thrash Metal mit Metalcore-Anreicherung. Ihr Frontmann ist definitiv der Aktivposten der Band und versucht sogar einige Ansagen auf Deutsch. Aber bis auf den Namen der Stadt und ein „Wie geht’s euch“ schwenkt er dann doch lieber wieder ins Englische um, denn „Mein Deutsch ist nur ein bisschen, bisschen“. Dafür ballert die Musik ordentlich. „Maya Always Wins“ , Impossible Is Nothing“ oder das abschließende „Overcome“ kommen auch beim Publikum gut an, das, für ein Trash-Metal-Publikum erstaunlich offen für die Musik ist, auch wenn einige Backingvocals vom Band kommen.

Was manchen weniger gefällt, ist die Tatsache, dass es hier keinen Whisky Cola gibt. Das Westwerk ist halt ein Jugendzentrum, in dem kein harter Alkohol ausgeschenkt wird. Bier muss heute Abend reichen.

Weiter geht die Osteuropa Tour mit Serpents aus Polen. Sie setzen nicht nur auf einen moderneren musikalischen Ansatz, sondern auch auf indirekte Bühnenbeleuchtung. Denn als einzige Band des Abends verzichten sie auf die Standardbeleuchtung der Lichttraverse und nutzen stattdessen längs angebrachte LED-Laufbänder, die wohl auch nur für sie installiert wurden, da keine andere Band des Abends sie weiter nutzen wird. Auch ihr Gitarrist spielt auf acht Saiten. Anders als ihre Vorgänger haben sie aber einen Bassisten auf der Bühne. Auch ihre Bühnenbekleidung schwankt zwischen Techno Rave und Jogginganzügen. Als ihr Fronter, der sich auf der Bühne körperliche Verrenkungen irgendwo zwischen bockigem Kind an der Supermarktkasse und von Pazuzu Besen zumutet, sich seiner Jacke entledigt, frage ich mich, ob er da eine kugelsichere Weste trägt oder nach dem Gig noch als Pitcher in der Baseball Major League antreten muss. Nichtsdestotrotz kommt auch ihr, mit Elektro-Samples angereicherter Modern Metal gut beim Auditorium an. Es kommt nicht immer nur auf die Musik an, sondern auch wie du sie rüberbringst.

Tag My Heart sind als deutsche Band heute die Exoten. Aber auch in musikalischer Hinsicht sind sie anders als der Rest. Auch sie verzichten auf einen Bassisten und das obwohl gerade der Bass sehr prägnant in ihrem Sound ist. Gitarre und Schlagzeug bilden das Live-Equipment. Die Dame am Mirko dagegen scheint optisch gerade mitten aus der New Yorker Bronx zu kommen. Ein schwarzes Basketball-Trikot aus LA (Womöglich das Auswärtstrikot der Lakers), eine College-Jacke und schwarze Adidas Jogginghosen. Sie sieht nicht nur aus wie eine Rapperin, sie ist eine. Sie bezeichnen sich als Nu-Metal-Band und bringen das Ganze auch gut rüber. Neben den dominanten Rapparts gibts aber auch einige Grunds und cleanen Gesang. Und wenn die Ghettodame mit einem Baseballschläger auf der Bühne rumfuchtelt und sagst, dass du einen Circle Pit machen sollst, dann machst du einen Circle Pit. Notfalls auch alleine.

Ca. 170 Tickets wurden verkauft. Das merkt man nun auch, als die Ungarn von Ektomorf ihren Set eröffnen. Obwohl das Westwerk den ganzen Abend über schon gut gefüllt ist, verschwindet erst jetzt der sogenannte Schambogen, der bogenförmige Abstand, den Besucher gerne zur Bühne einhalten, um ja nicht ganz vorne im Fokus der anderen zu stehen. Es ist gerammelt voll als die Jungs mit “ I`m Your Last Hope“ losthrashen. Musste man die Menge zuvor noch mehr schlecht als recht mit einem Basie in der Hand zum Circle Pit überreden,  kreiselt dieser jetzt ganz von alleine seine Bahnen durch das Westwerk. Egal ob bei „I Don´t Belong To You“ oder „You And Me“, die Band offenbart uns, dass sie bisher noch keinen einzigen Day Off auf dieser Tour hatte. Osnabrück ist immerhin schon der 25. Gig in Folge. Respekt! Aber gerade die Energie des Publikums sei es, die der Band ermögliche, das durchzuhalten. Mit diesen Worten kreiselt es sich gleich doppelt so gut. Und in der Tat bleibt trotz bereits dreier Vorbands und der Tatsache, dass morgen Montag ist, das Energielevel des Auditoriums bis zum finalen „You Belong There“ und der Zugabe „Outcast“ im hohen Drehzahlbereich. Um 22:00 Uhr sind wir durch, und ich bin verdammt froh, am nächsten Tag Spätschicht zu haben. Denn das Tannenzäpfle hat doch etwas zu gut geschmeckt. Gute Nacht und gute Schlacht.

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