I.Vortex im Interview Was lange währt wird endlich gut

Mit ihrem kernigen Debütalbum „Dark Words“ im Gepäck enterten die Hardrocker I.Vortex die Bühne des diesjährigen Hütte Rockt Festivals. Im Vorfeld der Show gab uns der Fünfer Einblicke ins Bandgefüge und die Entstehung des Albums.

HSF: Moin. Schön, dass es mit dem Interview klappt. Ihr spielt gleich auf dem Hütte Rockt Festival. Seid ihr schon aufgeregt?

I.Vortex: Im Moment geht es, doch vielleicht kommt das nachher noch. Aber die Woche bis hierhin war da schon ein bisschen anstrengender. Jetzt wo wir hier sind, sind wir entspannt und sehr erleichtert, dass wir hier sind. Wir hatten eine sehr ereignisreiche Woche. Ohne Probe.

I.Vortex auf dem Hütte Rockt 2021
I.Vortex @Hütte Rockt 2021. Foto: Marco Erlenkamp

HSF: Oh, wieso das?

I.Vortex: Axel ist am Montag mit Schmerzen und hohem Fieber ins Krankenhaus eingewiesen worden. Und die wollten ihn eigentlich gar nicht rauslassen. Am Donnerstag sagte der Chefarzt noch, dass er nicht rauskäme. Aber am Freitag kam dann die überraschende Wende und er durfte doch raus. Jetzt ist so weit wieder alles gut. Aber er darf kein Bier trinken.

Wir konnten allerdings nicht zusammen proben und hatten somit keine Generalprobe. Wir haben quasi nur Playback, also mit Click-Track usw. proben können. Es war also alles ein bisschen angespannter diese Woche. Wir haben noch überlegt, wann wir uns bei den Veranstaltern melden, denn man muss ja auch Bescheid geben, was jetzt Sache ist. Und wir dachten schon, dass wir echt absagen müssen. Aber unsere Gebete wurden dann erhört.

HSF: Das ist aber auch nicht euer erster Auftritt hier auf dem Festival, oder?

I.Vortex: Nein, wir waren 2017 schon einmal hier. Wir haben neulich im Proberaum gesessen und uns alte Konzertplakate angesehen. Wir versuchen immer von jedem Konzert und Festival, bei dem wir spielen ein Plakat für den Proberaum mitzunehmen. Die hängen wir dann sortiert nach DIN A1 Konzerten, DIN A2 Konzerte bis hin zu DIN A4 Konzerten auf. Das ist eine schöne Sache. So hat man zu jedem Konzert eine kleine Geschichte. Und das Hütte-Rockt ist natürlich einer der größten Auftritte, die wir haben.

HSF: Auf dem Hütte-Rockt seid ihr ja quasi Lokalmatadore. Beobachtet ihr das Festival schon länger oder seid ihr erst kürzlich auf das Festival aufmerksam geworden? Und wie findet ihr denn das Hütte Rockt Festival insgesamt?

I.Vortex: Tim ist hier auch mit im Verein und kümmert sich auch ein bisschen um die Presse und Interviews. Er hat auch mal die After-Movies geschnitten. Das ist jetzt natürlich nicht mehr zu schaffen, wenn wir hier selbst auftreten. Aber ansonsten ist er hier halt schon mehrere Jahre aktiv. Das Festival ist vom ersten Tage an höchstprofessionell, was auch bis heute so geblieben ist. Und es hat sich über die Jahre immer gesund vergrößert.

HSF: Ihr sagtet gerade, dass ihr im Vorfeld wenig proben konntet.

I.Vortex: Ja, aber das ist nur die Vorbereitung auf den Fall, dass es heute nicht so gut läuft, haha. Aber dadurch, dass wir jetzt ja gerade die CD fertig hatten, haben wir ja im Prinzip das Programm, das wir live spielen, in guter Vorlage und können dazu ja auch separat proben. Es ist aber natürlich noch mal was anderes, wenn man da mit fünf Leuten im Raum steht, als wenn alles andere perfekt vom Band kommt und man nur noch dazu spielen muss. Das merkt man dann schon. Doch wir denken, dass wir uns gut vorbereitet haben und werden das Beste geben, dass wir können. Aus der Corona Zeit sind wir es ohnehin gewohnt, viel Remote zu machen. Wir haben das ganze Album, oder zumindest den Feinschliff, in dieser Art gemacht. 

HSF: Dann lasst uns doch zu eurem ersten Album “Dark Words” kommen. Ihr spielt jetzt seit 2014 zusammen, warum hat es so lange gedauert, bis es endlich fertig war? Gut Ding will Weile haben?

I.Vortex: Wir hatten ja vorher schon einmal so ein Mini-Album, so ein Demo. Aber das war eine Katastrophe. Da sind wir ins Studio und haben das Album eingespielt und aufgenommen. Aber wir waren überhaupt nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Danach haben wir uns überlegt, dass wir das selbst besser können. Wir mussten uns natürlich alle erst einmal diesen ganzen Tontechnikerkram draufschaffen. Das macht man auch nicht mal so eben, dass man so ein Album mixt und produziert. Bist du das drauf hast, das dauert eine Weile. Mittlerweile haben wir aber einiges an Erfahrung gesammelt. Und Tim und Axel haben auch jeweils ein kleines Studio zu Hause.

Außerdem war da auch noch diese Lernkurve. Wir hatten schon ein, zwei Songs aufgenommen und als Video veröffentlicht. Danach kam die Idee ein Album zu produzieren. Mit der Zeit haben wir dann immer mehr gelernt. Darum klangen die neueren Songs, die aufgenommen wurden, halt viel professioneller, sodass die Songs gar nicht auf ein Album gepasst hätten. Das hätte sich einfach zu unterschiedlich angehört. Wir mussten dann also einen Cut machen und mit dem aktuellen Know-how einmal alles aufnehmen.

Zu dem Zeitpunkt waren aber die ersten zwei Jahre schon rum. Und dann war die Motivation natürlich auch ein Stück weit nicht mehr so, wie am Anfang. Wenn wir dann aber wieder in ein teures Studio gegangen wären, hätten wir andere Leute für ihr Know-how bezahlt, obwohl wir selbst wissen wollen, wie es geht. Die Ausrüstung hatten wir zu dem Zeitpunkt schon teilweise zusammen. Also haben wir in den sauren Apfel gebissen und akzeptiert, dass es etwas länger dauert. Wir hatten bereits viele Erfahrungen gesammelt und viele interessante Dinge kennengelernt. Wir sind in viele Sackgassen gelaufen, wieder umgedreht und dann in die richtige Richtung gelaufen. Daraus können wir jetzt natürlich schöpfen. Das nächste Album wird wahrscheinlich schneller fertig. 

Du kriegst dann aber auch kein Ende. Das ist halt das Problem, wenn du keinen Druck hast. Du hast nicht vier Wochen Studio und musst dann raus. Du kannst immer noch einen Monat und noch einen Monat dranhängen. Ein Vorteil ist allerdings, dass wir jetzt schon fast wieder ein Album zusammen haben, also vom Material her. Während wir das Album gemixt haben, haben wir nämlich schon wieder neue Songs geschrieben. Viele Bands machen das ja so, dass sie ein Album produzieren und dann neue Songs schreiben. Bei uns war das so ein Parallel-Ding.

HSF: Wie ist denn allgemein der Entstehungsprozess eurer Songs? Schreibt ihr gemeinsam im Proberaum oder macht das jeder für sich?

I.Vortex. Jeder bringt sich ein. Mit den Song-Ideen, die jeder von uns hat, können wir einen Song schon fast produzieren, weil er meistens bereits so weit vorproduziert ist, dass der Song dann schon fast fertig ist. Meistens bringen wir nicht einfach irgendwelche Riffs mit zur Probe, sondern fast komplette Songs. Das ist genau der Schritt, den wir durch das eigene Aufnehmen des Albums gemacht haben. Jeder hat das Know-how, den Song schon etwas vorzuproduzieren, um den anderen einen besseren Eindruck zu geben. Dadurch ist die Qualität jetzt sicher auch eine andere.

Es ist aber auch interessant zu sehen, wie die Songs reifen. Man hat also etwas im Kopf, produziert das und denkt, dass es gut ist. Doch dann geht man in den Proberaum und es kommt der “Klick”, dieser eine Moment den man heute in moderner Musik eigentlich nicht mehr hat. Dann passiert nämlich, dass Musiker miteinander im Proberaum interagieren. Plötzlich kommen dann andere Nuancen rein, weil etwas anders gespielt wird und sich Dinge verändern. Das ist ganz komisch. Da werden feste Dinge wieder weich, verändert und dann wieder zusammengefasst. Aber ohne Band und ohne Proben geht sowas halt nicht. Wir haben es in Coronazeiten über die Ferne probiert. Aber dieses Ping-Pong, das funktioniert halt nicht. Es muss im selben Augenblick im Proberaum passieren, weil man da interagiert.

Auf der anderen Seite haben wir aber auch festgestellt, dass wir nicht mit einem weißen Blatt loslegen können. Wir können nicht sagen, ich habe jetzt ein Riff und dann machen wir einen Song daraus. Also jedenfalls nicht live alle zusammen. Die Idee muss einen gewissen Reifegrad haben, und ab da fangen wir dann an, das gemeinsam zu verfeinern. Das ist so der Weg, wie wir am besten weiterkommen. 

HSF: Ihr betreibt die Band als Hobby. Habt ihr mal mit dem Gedanken gespielt noch eine Schüppe drauf zu legen und das als “professionelle” aufzuziehen?

I.Vortex: Also in früheren Bands gab es bei dem ein oder anderen den Gedanken sicherlich mal. Aber wir sind ja alle schon einen Tacken älter. Da denkt man eher, dass man das, was man hat, nicht mehr aufs Spiel setzt für eine professionelle Musikerkarriere. Wenn man jung ist und Zeit hat, dann kann man dieses Risiko beginnen so viel Zeit da reinzustecken und nichts zu verdienen. Aber wir sind alle in Partnerschaften, haben Kinder und müssen Häuser abbezahlen. Wir können jetzt nicht versuchen mal ein, zwei Jahre von Null zu starten. Und das Musikerdasein hat schon große Durststrecken. Ich kenne viele Profi-Musiker, die immer noch parallel bei Logitech ein bisschen Telefonsupport gemacht haben oder mal hier und da gejobbt haben.

Das ist halt alles nicht mehr so einfach. Natürlich kann man mal so ein One-Hit-Wonder schaffen. Aber in der heutigen Zeit, wo viel über Promotion und über Social-Media geht, ist das sehr schwierig. Man muss ja heutzutage gar keine gute Musik mehr machen, wenn man sie nur passend bewirbt und ein starkes Label dahinter hat. Dann bekommt man auch schlechte Musik ziemlich groß. Das ist leider das Problem. Du kannst halt ruhig gute Musik machen. Wenn du nichts Starkes dahinter hast, dann wirst du untergehen.

Cool wäre jetzt natürlich, wenn uns irgendein großes Label hören würde und dann auf Welttournee schickt! Obwohl wir dann natürlich trotzdem noch mit der Familie sprechen müssten, um zu klären inwiefern das realistisch wäre. Aber das wäre so ein Ding. Doch jetzt den Rest des Lebens nur noch Musik machen und davon leben müssen, ist schon ein riskanter Schritt. Da hängt bei jedem von uns sehr viel dran. Wir müssen alle Leute ernähren. Und das überlegt man sich dann wirklich drei Mal.

Als Musiker bist du ja auch Künstler. Und wenn du dann ein Label hast und von der Musik leben musst, dann hast du ja auch immer den Druck dahinter. Die meisten Künstler reden immer von der Muse. Aber so ein Song, der passiert, oder er passiert nicht. Aber du hast ja das Problem, dass du ja abliefern musst. Genau wie ein Autor beispielsweise, der einen Verlag hat. Das ist bestimmt ganz schwierig. Da musst du den Kopf schon verdammt frei haben. 

HSF: Um noch mal auf den Entstehungsprozess eurer Songs zu kommen. Stehen die Songs auf “Dark Words” alle für sich oder gibt es da einen Bogen, den man über alles Songs spannen kann?

I.Vortex: Also es ist auf jeden Fall kein Konzeptalbum. Die Stücke sind alle für sich entstanden. Und das auch über einen längeren Zeitraum. Da gibt es jetzt kein Konzept dahinter. Wir haben nur versucht, die Songs klanglich auf eine Ebene zu bringen. Von daher klingt es jetzt vielleicht etwas mehr wie aus einem Guss.

HSF: Naja, man hört schon Gegensätze auf dem Album. Mal kommt ein wenig so ein Flair von alten Bon-Jovi-Sachen durch und dann gibt es wieder seichtere Klänge, die eher an Fury In The Slaughterhouse erinnern. War das beabsichtigt oder ist das einfach so passiert?

I.Vortex: Das ist schon volle Absicht. Wir wollen nicht nur ein Level halten, sondern die Bandbreite möglichst weit aufspannen, ohne dass es so wirkt als wäre es etwas anderes; also ein Fremdkörper. Das ist nicht immer ganz einfach. Aber innerhalb eines Songs hast du das auch immer. Es geht los, dann hast du einen Spannungsbogen, dann gibt es einen Drop, dann baut es sich wieder auf. Also wir mögen es, wenn es Spannungsbögen gibt. Wie in einem guten Buch auch. Das mögen wir auch auf einem Album. Da gibt es mal einen ruhigen Song und dann wieder einen härteren Song. Das gefällt uns viel besser, als wenn es immer nach dem gleichen Schema abläuft. Diese Vielseitigkeit ist aber auch schon so das Attribut, das man am meisten hört in den Feedbacks. 

HSF: Also ich finde das Album wirklich richtig stark. Kompliment. Bei Bon Jovi habt ihr gerade alle ein wenig die Augenbrauen gehoben. Habe ich damit etwas getriggert?

I.Vortex: Hahaha. Da bist du nicht der erste, der diesen Vergleich bringt. Aber das ist wohl ein Zeichen dafür, dass man seine Songs selbst gar nicht richtig beurteilen kann. Wir selbst wären auf den Vergleich jedenfalls nie gekommen. Aber wenn das jetzt mehrere Leute sagen, dann muss da wohl was dran sein. Zur Erklärung. Wir haben mal einen externen Schreiberling einen Pressetext schreiben lassen. Und der hat diese Bon-Jovi-Einflüsse ein bisschen in Tims Stimme wiedererkannt. Er selbst sieht das zwar nicht so, aber wenn andere das so sehen, wird da wohl was dran sein, gut. Da gibt es sicherlich schlechtere Vergleiche.

HSF: Auf jeden Fall. Damit sind wir auch schon fast am Ende des Interviews. Habt ihr noch etwas, das ihr loswerden wollt?

I.Vortex: Kauft unsere CDs, hehe! Nein im Ernst. Die Musik, die wir machen, erschließt sich nicht jedem sofort beim ersten Hören. Es passiert da einfach unheimlich viel in unseren Songs. Wir alle hören viel Musik. Und wenn man in einem fortgeschrittenen Alter ist, hat man schon so viel Musik gehört, dass einen das manchmal langweilt. Aber die Leute sollen sich nicht abschrecken lassen, wenn es am Anfang etwas zu viel ist. Also wenn die Songs nicht sofort zünden. Bei jedem Durchlauf entdeckt man immer wieder etwas Neues. Und dann lebt so ein Song vielleicht auch mal zehn Jahre. Wir sind zwar nicht Dream Theater, aber es ist schon unser Anspruch, dass man in unseren Songs auch beim vierten oder fünften Mal hören noch etwas entdecken kann. Deswegen ist es bei uns manchmal auch ein bisschen sperrig.

Und eins ist klar. Wenn wir Musik spielen würden, nur um damit Geld zu verdienen, und wenn wir nur spielen würden, was die Leute hören wollen und nicht das, was wir fühlen, dann wären wir alle nicht glücklich. Es ist immer so, dass wir selbst dahinterstehen müssen und dass bei uns etwas passieren muss. Ansonsten springt da auch nichts über. Dann bist du Schlagersänger. So, und das war jetzt unser Wort zum Sonntag.

HSF: Cool. Vielen Dank für das Interview.

I.Vortex: Wir danken auch.

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