Metallica M72 World Tour – Live at Arlington (Dallas) Tx 20.08.2023, Cinema Arthouse, Osnabrück

Everything is bigger in Texas. Und das will in einem Land wie den USA, die eh schon zu Gigantomanie neigen, etwas heißen. Darum müssen auch Metallica, die größte Rockband des Planeten, größer denken. Genau deshalb werden ihre beiden Shows zur Metallica M72 World Tour am 18.08. und 20.08. 2023 auch in alle Welt live in die Kinos gestreamt.

Flyer Metallica M72 World Tour Live

Ja. Die Metallica M72 World Tour umfasst pro Stadt zwei Konzerte mit jeweils komplett anderer Setlist. Kein Song soll zweimal gespielt werden. Die erste Show am 18.08.23 wurde ebenfalls im Cinema Arthouse ausgestrahlt, konnte von mir Job-bedingt allerdings nicht wahrgenommen werden. Also dann eben an einem Montagabend. Für 25 Euro pro Abend ist das Ganze auch recht günstig, wenn man bedenkt wie viel ein echtes Konzertticket gekostet hätte.

Um 19:45 Uhr werden die Saaltüren geöffnet und man wird zunächst mit alternativen Versionen bekannter Metallica Stücke beschallt. Die übliche Kinowerbung entfällt. Dafür gibt es Reklame für das offizielle Merch der Band. Ja, selbst für die Kinovorführungen wurde ein Shirt angefertigt, was man sich via QR Code direkt online bestellen kann. Ein kleiner Einspieler der Wohltätigkeitsarbeit der vier Bandmitglieder und ihrer Fans ersetzt die Vorband.

Als der Stream dann beginnt sehen wir zuerst lange Kamerafahrten durch die Fans. Der Gig findet im AT&T Stadium in Arlington, Texas statt. Eine Halle, die so groß ist, dass es mich wundert, dass sie noch kein eigenes Biotop besitzt. Selbiges Stadion war auch in der Vergangenheit schon zwei Mal Austragungsort der Wrestlemania. Und genau in dieser Größenordnung bewegen wir uns heute auch. Bei der Fahrt durch das Publikum fallen zwei Gestalten besonders auf. Zum einen der Typ, der seinen gestreckten Mittelfinger permanent in die Kamera hält. Zum anderen der Vater, der sein vielleicht gerade mal ein paar Monate altes Baby mit in die Show gebracht hat. Meiner Meinung nach unverantwortlich, auch wenn das Kind Micky Mäuse trägt.

Wir gehen rein in den Set. Der wird erstmal in allerbester Iron Maiden-Manier mit einem komplett gespielten Song einer anderen Band aus der Konserve eröffnet. In diesem Fall AC/DCs “Its A Long Way To The Top”. Zu “The Ecstacy Of Gold”, dem “The Good, The Bad And The Ugly” Soundtrack von Ennio Morricone betritt die Band dann die riesige 360 Grad Bühne. Das Konzept sollte mittlerweile bekannt sein.

Die Band spielt an verschiedenen Stellen der Bühne, sodass alle Fans in der Halle die Chance haben die Musiker aus der Nähe zu sehen. Selbst das Schlagzeug von Lars Ulrich wechselt die Positionen, wobei ich glaube, dass hier mit mehreren Drumsets gearbeitet wird, die dann an entsprechender Stelle von unten per Lift auf die Bühne gefahren werden. In der Mitte befindet sich der sogenannte Snake Pit, in dem die Hardcore-Fans stehen. Die Band spielt im Wechsel mal ihnen zugewandt mal den Fans am Äußeren Bühnenrand.

Musikalisch eröffnet das Quartett mit “Whiplash” und “For Whom The Bell Tolls”. Da sich die Jungs hier natürlich ein ganz schönes Projekt vorgenommen haben (pro Stadt soll kein Song zweimal in einem der beiden Sets vorkommen) fördern die vier auch Stücke zu Tage, die so rar sind, dass ich sie nicht einmal namentlich nennen kann. Ein als exklusiv zum ersten Mal gespielter Jam von Gitarrist Kirk Hammett und Bassist Rob “Ich kann laufen wie ein Krebs” Trujillo erachte ich zwar als etwas sinnbefreit, dieser dient aber tatsächlich dazu die Akustikgitarre Für James Hetfield vorzubereiten und die damit einhergehende Umbaupause zu überbrücken.

Diese braucht der Gute nämlich um das immer schon herzzerreißende “Fade To Black” zu spielen. Wem hier nicht wenigstens ein bisschen kalt wird muss innerlich tot sein. Und das weiß auch Hetfield selbst der anmerkt, dass ihm dieser Song auch nach 39 Jahren immer noch sehr gefällt. Der Livestream offenbart obendrein ein paar coole Details. Zum einen kann man sehen, dass Ulrich seine Double-Bass tatsächlich separat mit zwei Fußmaschinen spielt, also auch beide wirklich in Benutzung sind und nicht nur zu Dekozwecken dienen, wie es heute oft üblich ist. Oft wird die zweite Bass-Drum nur als Dummy genutzt und die andere über ein Doppelpedal bedient. Zum anderen sieht man nun auch, dass James Hetfield beim Instrumental “The Call Of Ktulu” tatsächliche eine Gitarre mit dem Abbild des Großen Alten spielt (Fun Fact: In der Geschichte von H.P. Lovecraft, welche diesen Song inspiriert hat, wird der Name als Cthulu geschrieben).

Zwischen den einzelnen Abschnitten der Show geht die Band immer mal wieder von der Bühne und die Halle verdunkelt sich. Um die Stage herum stehen acht große Pfeiler mit LED-Säulen am oberen Ende. Hier werden vereinzelte Videoeinspielungen präsentiert. So auch zum, leider komplett vom Band kommenden Intro zu “Where Ever I May Roam”. Bei “Moth Into Flame” wird zum ersten Mal gezündelt. Ja, unterhalb der Bühne sind, für den Zuschauer unsichtbar, Flammenwerfer verbaut, welche nun eine Feuersbrunst mitten auf der Bühne entfachen. Für “Battery” wird ein sehr patriotisches Videopacket abgespielt. Ob der Song Bezug zu Texas hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber wenn man die Publikumsreaktionen so sieht, scheint es da eine Verbindung zu geben.

Das anschließende “Whisky In The Jar” könnte nicht gegensätzlicher sein. Vor allem, weil mit Erklingen des ersten Riffs aus den LED-Säulen Strandbälle geschleudert werden und das Publikum nun in den  Beachballmania Modus schaltet, nur um dann einen Song später bei “One” simuliertem Bombenabwürfen ausgesetzt zu sein. Hierfür werden auch wieder die Flammenwerfer eingesetzt. James Hetfield wünscht allen noch eine gute Nacht, bevor mit “Enter Sandman” der letzte Song des Abends gespielt wird. Nach etwas mehr als zwei Stunden ist der Abend rum. Hetfield, Hammett und Trujillo verteilen ihre Plektren im Publikum, was zugegeben ein wenig wie Karpfenfütterung aussieht. Ab nach Hause morgen ist wieder Arbeit.

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