SeelenWalzer – Totgeglaubt VÖ: 14.06.19; Massacre Records; Neue Deutsche Härte

Totgeglaubt

„Totgeglaubt“, ja das war sie wirklich, die NDH-Band Richthofen nach ihrer Trennung 1998. Man hat nie wieder etwas von ihnen gehört. Die vier Musiker gingen damals getrennte Wege und haben niemals daran gedacht das Projekt wieder aufzugreifen. Nun, zwanzig Jahre später und in der kompletten Besetzung, hat man seinen Argwohn begraben und die Köpfe wieder zusammengesteckt. Zwar nicht mehr unter dem Banner Richthofen, dafür aber unter dem Banner des damaligen Debütalbums „Seelenwalzer“ sind die vier Musiker wieder zurück. Nur totgesagt, oder doch schon längst begraben?

Schon ziemlich ausgeklügelt ist das Intro „Hereinspaziert“. Unter leicht gruseliger Zirkusmelodie bittet ein verkorkster Zirkusdirektor einzutreten um den SeelenWalzer zu erleben. Das macht schon mal Spaß auf mehr und baut einen ordentlichen Spannungsbogen auf, der sich dann direkt entlädt. Die Anfangsmelodie von „Gott Ist Tot“ klingt schon mal eingängig. Die Stimme Schmieds klingt böse wie eh und je, aber so ein richtiger Aufhänger bietet der Song leider nicht, auch wenn er textlich und musikalisch überzeugt. Da ist der zweite Track von “Totgeglaubt” schon deutlich eingängiger. Man bedient sich zwar hier auch wieder des Namens „Seelenwalzer“, doch der Song klingt ganz gut, geht gut in Ohr und hat eine gute Melodie. Nur der erwünschte Ohrwurm bleibt leider aus.

Die Melodie von „GrabesStille“ ist sehr genial und macht wirklich Spaß zu hören. Sie ist sehr groovig und düster, aber auch sehr tanzbar. Mich erinnert sie irgendwie an einen düsteren Cartoon aus den fünfziger Jahren. Man wippt im Takt zu den finsteren Trompeten und summt den Refrain mit. Genialer Song, mehr kann man dazu nicht sagen. „Das Weib Ist Tot“ ist mehr etwas für die Liveauftritte. Die ständigen „Hey!“-Rufe sind einfach prädestiniert dafür. Der Titel selber ist ganz in Ordnung, bietet aber keinerlei Höhepunkte. Rockiger geht es bei “MeeresBlut” zur Sache. Der Refrain ist hier ordentlich knackig und geht gut ins Ohr. Man möchte hoffen dass es so weiter geht. Nicht zu vergessen, dass es hier im Refrain weibliche Unterstützung von Sabina Classen von Holy Moses gibt.

Eine Abwandlung des Weihnachtsliedes in düsterer Aura bietet „Ihr Kinderlein Kommet“. Es hat etwas extrem düsteres und tendiert mit seiner Spieluhrmelodie zum Wahnsinn. Die Kinderchöre sorgen für den zusätzlichen Gruselfaktor. Eindeutig eins der stimmungsvolleren Lieder der CD. Es gefällt mir sehr gut. „Freund Tod“ ist da ganz anders. Das ist einer dieser düsteren Tracks, mit denen SeelenWalzer ordentlich aufs Fressbrett kloppt. Eingängig, hymnisch, richtig schön böse und perfekt zum Abgehen – dies ist vielleicht das erste Mal, dass mich die CD – abgesehen von der Stimme – wirklich an Richthofen erinnert.

Auf der Halbzeit gibt es nochmal einen wirklich guten Song, der mehr in Richtung „Back To The Roots“ geht und sich dort gut einreihen kann. Wieder einmal greift man zu eingängiger Melodie und gutem Zusammenspiel aus Refrain und Strophe. Leider funktioniert das Konzept bei „Harlekin“ nicht mehr. Es klingt ein bisschen nach plattem Lärm und regt bei mir leider keinerlei Emotionen.

Was soll man sich von einem Titel erhoffen, der sich „Veganerlied“ nennt? Textlich erinnert er mich sehr an Eisregen, kommt er auch wohl dem schwarzen Humor sehr nahe. Musikalisch versucht man immer wieder mit kleinen musikalischen Umsetzungen den Humor wieder aufzugreifen, was allerdings nur mäßig gelingt. Man hätte aus so einem Titel deutlich mehr machen können. Der zwölfte Titel ist eine kleine Coverversion von „Tanzdiktator“ der Gothic/EBM-Band Nachtmahr. Ist ganz nett, wäre aber eher was für den Bereich „Bonus“ gewesen, denn er kommt leider gar nicht an das Original ran. Der Song klingt lediglich aufgrund seines Akkordeons ganz lustig. Arabisch anmutend beginnt „KinderKrieger“. Ein Titel, der leider auch nicht so wirklich in Fahrt kommt. Es fehlt einfach  was für diesen Titel, so klingt er eher wie ein lästiger Lückenfüller.

„Falscher Freund“ zieht das Tempo deutlich an, flacht aber zur Mitte hin wieder etwas ab. Die Gitarren klingen sehr geschwungen und das Schlagzeug haut ordentlich in die Trommeln. Zwar ist „Falscher Freund“ wieder etwas stärker als die vorherigen Songs, aber so richtig warm werde ich nicht mit diesem Titel. Wieder einen ordentlichen Satz langsamer, dafür aber richtig schön stimmungsvoll, poltert „Das Dorf“ vor sich hin. Es erzeugt das Bild von einer Horrorgestalt, die nachts durch das Dorf humpelt und seine Opfer abschlachtet. Hier zeigt SeelenWalzer endlich wieder, was sie musikalisch für eine Atmosphäre erzeugen können, wenn sie wollen.

So geht es auch bei „Totgeglaubt“ mit einem Akkordeon direkt aus der Hölle stimmungsvoll weiter. Eine kleine Hymne mit einem Refrain, der im Ohr bleibt. Ein lyrisches Düsterwerk, das aus der Feder Richthofens stammen könnte. Bitte mehr davon! Titel Nummer 17 und wir sind noch nicht am Ende. „Der Feind Sind Wir“ ist wieder deutlich langsamer, deutlich schleppender, versucht so irgendeine Atmosphäre aufzubauen, die aber leider im Nichts verhallt. Es klingt böse, aber diesen Titel hätte man sich sparen können. Da freut man sich richtig auf das Outro, das aber genauso genial gehandhabt wird, wie schon das Intro. Man setzt wieder auf gruselige Zirkusmelodie, zu der ein kleines Kind eine Melodie singt.

Man sollte sich nicht mit dem Ruhm alter Tage schmücken, denn an diesen Epos Richthofen kommt “Totgeglaubt” nicht heran. Es hat aber hier und dort wirklich potenzial und ist auch wirklich gut. Aber der restliche Output ist hier einfach zu immens. Meiner Meinung nach wäre hier eindeutig weniger mehr gewesen. Der brauchbare Output ist allerdings sehr stimmig und macht SeelenWalzer zu einem Vertreter der NDH, die frischen Wind in die Szene bringt.

Homepage: https://seelenwalzer.com/de

Tracklist:

01. Hereinspaziert
02. Gott Ist Tot
03. SeelenWalzer
04. GrabesStille
05. Das Weib Ist Tot
06. MeeresBlut
07. Ihr Kinderlein Kommet
08. Freund Tod
09. Seele In Scherben
10. Harlekin
11. Veganerlied
12. Tanzdiktator (Nachtmahr Cover)
13. KinderKrieger
14. Falscher Freund
15. Das Dorf
16. Totgeglaubt
17. Der Feind Sind Wir
18. Ich Würd’ So Gern’ Nach Hause Gehen

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