Festivalbericht – Rock Am Härtsfeldsee 2019 28.06.-29.06.2019 - Dischingen

Festivalflyer Rock Am Härtsfeldsee 2019

Zum 23. Mal wird im Pressluftzelt in Dischingen (Landkreis Heidenheim) das Rock am Härtsfeldsee zelebriert. Da das Ganze bei vielen aus der Gegend und einigen Bekloppten aus Osnabrück schon Tradition hat, wird auch hier Sold Out vermeldet. 

Freitag 28.06.19:

Erster Gang nach der Ankunft auf dem Gelände des Rock am Härtsfeldsee: ab zum Merch. Die Festival Shirts gibt´s für schlanke 15 Euro, was mehr als fair ist. Bier im Becher mit aufgedruckter Running Order für 3 Euro. Alles cool.

Die Tradition, dass eine lokale Underground Band das Festival eröffnet, wird dieses Jahr gebrochen. Vor der Bühne ist gut was los als Mr. Irish Bastard ihren irischen Folk Rock spielen. Die deutsche Version der Dropkick Murphys macht das auch verdammt gut und außerdem lässt sich dazu gut ein bis zehn Bierchen trinken.

Apro”prost” Bier. Sodom Vs. Onkel Tom, hat es so noch nicht gegeben. Zwar sind solche Gigs von Bands, die sich musikalisch ähneln und sich Bandmitglieder teilen, nichts Ungewöhnliches. Normalerweise spielt dann aber zuerst eine der beiden Kapellen zuerst und übergibt nach einer gewissen Zeit die Bühne den anderen, so zum Beispiel Rage Vs. Refuge oder Mpire Of Evil Vs. Venom Inc. Hier nicht. Es stehen zwei Schlagzeuge auf der Bühne.

Sodom beginnen mit dem Klassiker “Agent Orange” nur um bis auf Tom Angelripper, der einfach nur seinen Bass zur Seite stellt, die Bühne zu verlassen und Platz für die Mannschaft von Onkel Tom zu machen. Diese hauen dann mit “Trink Brüderlein Trink” bierseligen Trink-Metal ins Publikum. Das ganze Spielchen wiederholt sich 80 Minuten lang und da man, mit Ausnahme von Onkel Toms “Ruhrpott”, nur alte Schinken spielt, so z.B. auf Seiten von Sodom “Nuclear Winter”, kommt das Ganze auch vor der Bühne übertrieben gut an. Selbst für die nicht so ernsten Songs hat man Zeit, und so haut man mal eben “Die Stumme Ursel” raus.

Dieses Stimmungslevel können Die Apokalyptischen Reiter nicht wirklich aufrecht halten. Klar, sie sind eine wirklich gute Band, aber nach einer Thrash-Legende und einer Partykapelle auftreten zu müssen, ist für eine Band, die sehr auf Melancholie und Theatralik setzt, einfach nur undankbar. Dennoch werden mit “Es Wird Schlimmer” und dem Opener “Wir Sind Zurück” schon am Anfang ordentliche Songs rausgefeuert. Auch “Friede Sei Mit Dir” und die unverzichtbare “Reitermania” sowie die Abschlussballade “Nach Der Ebbe (Kommt Die Flut)” haben es ins Set geschafft, sodass man hier nicht von einer schlechten Songauswahl reden kann.  Zwischenzeitlich stehen Fuchs und seine Saitenfraktion sogar komplett vermummt auf der Bühne. Er in Mantel und mit Schweißerbrille, seine Jungs in schwarzen Robben, die ein wenig an Sun O)))) erinnern. Und das bei der Hitze.

Wer übrigens auch wieder zurück ist, sind U.D.O. mit ihrer singenden Tarnhose Udo Dirkschneider. Nachdem er nun endgültig einen Schlussstrich unter Accept gezogen hat, spielt er tatsächlich nur noch seine eigenen Songs. Er merkt auch an, dass einige seiner Songs dem jüngeren Publikum unbekannt sein werden. Der Abschluss überrascht mich, bei dem er tatsächlich “They Want War” seit Ewigkeiten mal wieder spielt.

Wenn Wacken eine Band wäre, dann wäre es Alestorm. Anders kann ich es nicht beschreiben. Humor ist auch im Metal nicht verboten, aber muss man es so übertreiben? Eine riesige Gummiente, dämliche Sprüche-T-Shirts und warum hat Christopher Bowes, der eh schon eine Keytar spielt, sich für einen zweiten Keyboarder entschieden und nicht für eine zweite Gitarre? Ok, zugegeben, das Eröffnungsstück “Keelhauled” hat eine gewisse Eingängigkeit, aber das war’s dann auch schon. Da wären mir die Erlangener Kasper von J.B.O. aus dem letzten Jahr lieber gewesen, und das heißt schon was.

Samstag 29.06.19:

Beim Frühstück ist bereits auf Facebook zu lesen, dass Sonata Arctica  ihren Gig auf dem Rock am Härtsfeldsee leider absagen mussten. Ihr Flugzeug hat einen defekt und kann nicht starten, und einen anderen Flug können die Finnen leider nicht nehmen. Somit wird die Running Order einfach etwas vorverlegt.

Drunken Swallows verpassen wir, aber zu den Melodic Deathern von Parasite Inc. stehe ich wieder vor der Bühne. Live gefallen sie mir wesentlich besser als aus der Konserve, wobei ich ihre Art der Musik interessant finde, da ich häufig den Eindruck habe, dass die Jungs in den Neo Thrash abgleiten. Trotzdem solider Gig.

Mit End Of Green wird´s zappenduster im Zelt und das um 18:15 Uhr. Düsterer Goth Rock steht nun an. Frontmann Michael Huber alias Michelle Darkness erinnert mich mit seiner tiefen Stimme stellenweise an Pete Steel, was angesichts seines Kippenkonsums auch nicht verwunderlich ist. Bei jedem Song hat er eine neue Fluppe in der Hand und spielt damit teilweise auch Gitarre. Die extrem eingängige Musik ist melancholisch und depressiv. Dass hier trotzdem keine Massentrauer ausbricht, dafür sorgt das Publikum schon selber. Wie der sehr selbstironische Typ neben mir, der trotz seiner dunklen Hautfarbe ein Shirt mit der Aufschrift “Quoten Neger” trägt. (Bruder, wenn du das liest, You Made My Day^^)

Der komplette Gegensatz sind Kissin’ Dynamite. Sie haben auch mit Abstand die bunteste Lightshow des gesamten Festivals. Alle in den 80ern bekannten Farben kommen vor. Auf den Verstärkern liegen überdimensionale Dynamitbündel. Sänger Hannes Braun klettert sogar die Traverse hoch. Musikalisch sind die Jungs aber nicht so ganz mein Geschmack, dennoch stabile Band.

Headliner sind diesmal In Extremo. Nachdem man in der Vergangenheit häufig auf Saltatio Mortis gesetzt hat, hat man nun die für mich eindeutig bessere Mittelalter-Rock-Band verpflichtet. Eröffnet wird mit “Sängerkrieg”. Dass man aber schon mit “Vollmond” einen ihrer größten Hits an zweiter Position spielt, finde ich mutig, zeugt aber auch gleichzeitig von Selbstbewusstsein der eigenen Kunst gegenüber. Und gerade im Mittelteil des Sets wir hart geliefert. “Liam”, “Lieb Vaterland”, ” Rasend Herz”, “Frei Zu Sein”, “Spielmannsfluch” und “Küss Mich”. Und als dann zum Abschluss auch noch das ganze Zelt “Sternhagelvoll” grölt (Von singen will ich hier mal nicht sprechen) hat die Band nur noch gewonnen. Hier sei auch mal anzumerken, dass das Publikum hier auch etwas kreativer vorgeht. Denn statt einfach nur “In Extremo, In Extremo”-Sprechchöre zu skandieren  wird einfach der Refrain vom bereits erwähnten “Spielmannsfluch” geschrien (es ist immer noch kein singen).

Und damit endet auch die 23. Auflage des Rock Am Härtsfeldsee. Bis zum nächsten Jahr.

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