Graspop Metal Meeting (Freitag) 16.06.2023 Dessel Belgien

Der Geburtstag einer Freundin veranlasst uns mit einem Tagesticket nach Belgien zu kacheln und einem Tag lang dem Graspop Metal Meeting in Dessel beizuwohnen. Dem belgischem Wacken sozusagen.

Graspop

Zuletzt war ich 2018 auf diesem Festival, weswegen ich anfangs etwas verwirrt über die Neuausrichtung des Festivalgeländes bin. Es wurde nämlich einmal um 90 Grad gedreht, sodass einem am Hauteingang bereits das Marquee, eine der beiden Zeltbühnen, begrüßt. Auch der Campground, der sogenannte Boneyard ist erheblich angewachsen. Positiv ist zu bemerken, dass es nicht mehr nur den einen Check-in am Hauteingang gibt. Bändchen können jetzt auch auf dem Boneyard geholt werden.

Negativ zu bewerten ist jedoch das neue Cashless Bezahlsstem. Dieses funktioniert über einen Chip am Armband und muss regelmäßig neu aufgeladen werden. Zwar spart das Zeit, da man kein Geld mehr rauskramen muss. Allerdings sei hier auch ganz deutlich gesagt, dass du nach ein paar Bierchen gar keine Übersicht mehr darüber hast, was du bereits ausgegeben hast und wie viel du noch auf deinem Armband drauf hast. Auch das Aufladen geht recht unkompliziert. Jedoch ist es hier das Gleiche in grün. Achtest du mit besoffenem Kopp noch darauf wie viel du auflädst? So hat es mich erwischt, als ich betrunken und gutgläubig 40 Tokens (Hier heißen die jetzt Skullies) auf meinen Chip lade und dann erschreckend feststellen muss, dass ich gerade 140€ bezahlt habe. Wenn man sich allerdings einen Account auf der Homepage des Festivals erstellt sollen alle übrigen Skullies abzüglich 0,5 Skullies Bearbeitungsgebühr anstandslos wieder zurückgebucht werden. Kapitalismus durchgespielt.

Ok, ab an die Bühne. Auf der South Stage, einer der beiden Hauptbühnen spielt die keine Ahnung wie vielte Inkarnation von Thundermother. Denn seit ihrem Auftritt auf dem Hafensommer 2021 in Osnabrück hat sich das Besetzungskarussel mal wieder einen Wolf gedreht. Anfang diesen Jahres wurden, bis auf Bandcheffin Filippa Nässil, alle Mitglieder ausgetauscht. Mal wieder? Trotzdem scheint es zu funktionieren, denn die Band wirkt eingespielt. Sogar die neue Frontdame Linnéa Vikström klingt beinahe wie ihre beiden Vorgängerinnen. Und obwohl ich einen Song wie “Riding In Stile” dank eines deutschen Rock Radiosenders eigentlich nicht mehr hören kann, knallt das Ding doch ganz ordentlich rein. Die Frage ist nur, hält diese Besetzung bis zum nächsten Show die ich von Thundermother sehen werde?

Im Marquee, der Zeltbühne, Spielen Crowbar ihren angedoomten Sludge. In der dunklen Zeltatmosphäre kommt das auch ganz gut. Klar sind die Jungs aus New Orleans keine wirkliche Showband. Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche. Dafür schaffen sie es allerdings als einzige Doom Band, die ich kenne Circle Pits entstehen zu lassen. Was man besonders bei den schnelleren Stücken wie “The Cemetary Angles” sehen kann.

Auf der North Stage (Die zweite der Hauptbühnen) trümmern Hatebreed ihren New School Hardcore in die Menge. Das ballert auch wirklich gut und besonders die Klassiker “Live For This” und “Destroy Everything” versetzen das Publikum in Bewegung. Auch wenn ich zugeben muss, dass Frontkeifer Jamie Jasta, der mittlerweile ne amtliche Matte mit sich rum schleppt schon mal kernigere Shouts in die Menge gepulvert hat. Sei’s drum. Hatebreed gehen immer.

Warum die Polen von Behemoth seit Jahren auf Festivals immer und immer wieder einen Slot bei Tageslicht bekommen ist mir ein Rätsel. Sie sind groß genug um einen Abendslot nach Einbruch der Dunkelheit zu bekleiden was ihrem düsteren Black and Death Metal auch sicherlich zuträglicher wäre. Dennoch hauen Nergal und seine Sidkicks ne ordentliche Show mit viel Pyros raus. Von der stimmungsvollen Lichtshow bekommt man aber wegen der Tageszeit nicht viel mit. Schade. Sonne raus aus Deutsch… ähm Belgien.

Disturbed sind Teil meiner Jugend in den 2000ern. So gut wie jedes Game hatte damals im Soundtrack einen Disturbed  Song, sodass ich die Band automatisch mit Spielen wie “Tony Hawks Underground 2” oder “Need For Speed Most Wanted” verbinde, was einige schöne Erinnerungen triggert. Auch nutzt die Band die in die Bühne integrierte Videowall für Grafiken und Effekte aus. Was aber noch folgen wird ist der emotionale Peak dieses Festivals.

Nach “Down With The Sickness”, einem der Klassiker in jeder Metaldisco, sitzt Frontman David Drainman sichtlich ergriffen auf einem Hocker. Nachdem er sich vergewissert hat, dass das Publikum der englischen Sprache mächtig ist, setzt er zu einer emotionalen Rede an. Der vorangegangene Song handelt von seelischen Erkrankungen, die er mit Krebs vergleicht.

Er erklärt nun, dass jedes einzelne Bandmitglied von Disturbed mit Süchten und Depressionen zu kämpfen hatte und dass er satt hat seine Freunde, die er sehr vermisst, sterben zu sehen. Er nennt hier auch explizit Namen wie Chester (Bennigton Linkin Park. Wählte 2017 den Freitod) oder Chris (Cornell Soundgarden, Audioslave,Tempel Of The Dog. Folgte Chester knapp ein Jahr später) und offenbarte das er ihnen vor 4 1/2 Monaten beinahe gefolgt wäre. Er bittet jeden im Publikum die Hand zu heben, der Probleme mit Süchten oder Depressionen hat. (Danke hierbei auch an Canan, die mir währenddessen Beistand leistete). Als dies gut 2/3 des Infields tun beendet er seine Rede mit den Worten. “As you can see my friends. You are not alone”. Ein Moment, der tief trifft. Auch mich selber, der ebenfalls mit Depressionen hadert.

Um nun wieder auf ein positiveres Thema zu kommen spielen Disturbed  im Anschluss das Genesis Cover “Land of Confusion”. Auch ihr wohl im Mainstream bekanntestes Stück “Sound Of Silence”, im Original von Simon And Garfunkel wird mit einem auf die Bühne gebrachten Flügel initiiert. Zum Abschluss gibt es mit “Indestructable” noch einen Klassiker der 2000er .

Auf der benachbarten North Stage spielen nun Gojira einen wirklich guten Headliner Slot. An jedem anderen Tag hätte ich diese Band total abgefeiert, denn was die Franzosen da zusammen proggen ist wirklich guter Stoff. Nach dem so hoch emotionalen Gig von Disturbed zuvor muss ich aber leider sagen, dass mir das Ganze gerade etwas zu verkopft erscheint. Das ist natürlich nur meine eigene subjektive Wahrnehmung, und bei “Another World” bin ich dann auch voll mit dabei. Dennoch muss ich das eben gesehene auf der Nachbarbühne erstmal verarbeiten.

Machine Head spielen den Late Night Slot auf der South Stage, und meine Fresse der hat es in sich. Obwohl ich die Jungs bereits auf der Tour mit Amon Amarth im vergangenen Jahr gesehen habe scheint es so, dass Rob Flynn hier nochmal nachlegen will. Statt mit einem der neueren Tracks einzusteigen prügelt man mit “Davidian” erstmal einen Klassiker durch die Boxen.

Im Verlauf des Sets folgen Stücke aus fast allen Veröffentlichungen der Amis. “I Am Hell (Sonata in C#)” oder auch “Locust” kommen genauso zum Einsatz wie “The Blood The Sweat The Tears”. Dazu gibt’s massig Pyros und Lichteffekte. Auch die Videowand wird effektiv genutzt. Das Finale des Sets bildet das über siebenminütige  Thrash Epos “Halo”, bei dem auch gewaltige Ladungen an Konfetti und Luftschlagen ins Publikum gepfeffert werden. Rätselhaft bleibt nur warum im Soundcheck zuvor “This Is How We Die” zwar angeteased wurde, es letztendlich aber nicht im Set vorkam.

Das war’s. Der Rest der Nacht wird im Classic Rock Café mit eben genau dieser Musik, Gogo Tänzerinnen und viel zu teurem Bier verbracht. Prost auf Belgisch

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