Laibach – Love Is Still Alive Tour 29.10.2022, Christuskirche, Bochum

Laibach

Die Musik von Laibach als merkwürdig zu bezeichnen, wäre schwer untertrieben. Exzentrisch und schrullig trifft es im besten Sinne wohl am ehesten. Hier also die finale Operation der Rocktober-Offensive:

Laibach existieren seit 1984 und sind der musikalische Teil des Künstlerkollektivs “Neue Slowenische Kunst”, zu denen auch eine Maler- sowie eine Theatergruppe gehören. Ihre Musik wird bei Wikipedia als eine Mischung aus Techno, EBM, Alternative, Industrial und Punk beschrieben. Ihre oft provokanten Symboliken inspirierten nicht zuletzt auch eine kleine in Berlin ansässige Band, die ihre Musik als Tanz-Metal bezeichnet und dem ein oder anderen als Rammstein bekannt sein könnten.

Tatsächlich spielen die Slowenen an diesem Abend in der Bochumer Christuskirche. Nach Vader 2020 ist das nun mein zweites Konzert in einem (ehemaligen?) Gotteshaus. Dass es sich bei Laibach um einen Teil einer Künstlergruppe handelt, merkt man sofort, denn hier muss man sich auf das Dargebotene einlassen können. Schon die Change-Over-Musik klingt wie ein cineastischer Soundtrack zu einem Monumentalfilm. Um 20:00 Uhr betritt dann eine Dame mit Akustikgitarre die Bühne und reißt immer wieder kurz dieselben Töne an. Dazu betreten die restlichen Musiker die Bühne. Intro kann auch mal nicht vom Band kommen. Sänger Milan Fras betritt die Bühne mit einem Cowboyhut und goldenem Jackett. Zu einer fast schon als Country-Nummer klingendem Stück singt er “Love Is Still Alive”. Das war dann für die nächsten 30 Minuten auch schon das einzige als Song zu bezeichnende Stück, denn er verschwindet danach wieder und die nun folgenden Klangcollagen werden mit allerhand Projektionen, die direkt an die nackte Ziegelwand und die vergiebelte Decke der Kirche geworfen werden, untermalt.

Es ist schwer auszumachen, wann ein Song endet und ein neuer beginnt. An einigen Stellen meine ich, einer Synthwave-Band wie Gunship zuzuhören. An der nächsten Stelle höre ich Parallelen zum Stranger Things Theme heraus. Laibach Shows sind dafür bekannt, bizarr zu sein und können von genial bis total abgefuckt so ziemlich alles beinhalten. Nach gut einer halben bis dreiviertel Stunde gehen die Musiker von der Bühne und ein Countdown an der Wand informiert darüber, dass wir nun 15 Min. Zeit haben, um neues Bier zu holen (Es gibt tatsächlich eine Bar in der Kirche), eine zu rauchen oder unsere Existenz zu hinterfragen. Jemand nutzt sogar die Zeit, sich erstmal einen durchzudübeln, was angesichts dessen, was man gerade zu sehen bekam, gar im Vorfeld keine schlechte Idee gewesen wäre. Der zweite Teil wird dann allerdings komplett anders. Wo gerade noch bunte Farben und Klangcollagen zu einem LSD Trip zusammenwirbelten, ertönen nun harte Klänge untermalt mit dunklen Bildern. “Ordnung Und Disziplin (Müller VS Brecht)” heißt das Stück, das nun doch so vertraut nach den Berlinern klingt, die sich einst nach einem Militärstützpunkt benannten. Auch die Bildästhetik wird martialischer: Russische Propagandaplakate, Aufnahmen aus den Weltkriegen. Bei einem Stück, in dessen Verlauf ich oft die Worte “Dunkel Ist Die Nacht” vernehme, werden riesige römisch-griechische Statuen in den Raum projiziert, die mich sofort an das Rammstein-Musikvideo zu ihrem Depeche Mode Cover “Let Me See You Stripped” erinnern, bei dem sie Bilder des Leni-Riefenstahl-Films “Triumph Des Sieges” nutzen. Ein Song mit den Zeilen “Glück Auf” identifiziere ich hier mal als das Stück “Glück Auf”. Zum Abschluss gibt es dann noch eine eigene Interpretation des Rolling Stones Songs “Pleased To Meet You”.

Eine solche Show ansatzweise in Worte zu fassen, ist wirklich nicht leicht. Doch ich hoffe, es ist mir zumindest teilweise geglückt. Das war der Rocktober. Schauen wir, was der November zu bieten hat.

PS: Als wir nach dem Konzert nach Oberhausen ins Helvete verlegen, bekomme ich tatsächlich noch die letzten Songs des Night Laser Sets mit, welches ich bereits einen Tag zuvor in Osnabrück sehen konnte. Diesmal scheinen die Jungs besser drauf gewesen zu sein. Klanglich waren sie wesentlich besser als am Vorabend, und auch die Publikumsreaktionen waren bei weitem positiver. Jetzt aber ab an die Bar.

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