Ingrimm – Auf Gedeih Und Verderb VÖ: 10.01.20, Trollzorn, Folk Metal

CD-Cover Ingrimm - Auf Gedeih Und Verderb

Auf das heutige Review habe ich mich besonders gefreut, denn die Regensburger Mittelalterrocker Ingrimm begleiten mich schon eine ganze Weile. Um genau zu sein, waren sie eine von jenen Bands, die mich am meisten dazu gebracht haben, dieses Genre lieben zu lernen. Die ersten drei Alben hatten allesamt Dauerknaller dabei. Von „Skudrinka“, „Ihr Sollt Brennen“ über „Narrentraum“ und „Der Letzte Tanz“ bis hin zu „Tempus Fugit“ oder „Stein Auf Stein“, jeder Song hatte für mich etwas Besonderes. Doch dann der Schock: Im Jahr 2012 trennte sich die Band von Sänger Stephan Zandt. Übernehmen sollte Rene Brandt, der seine Wurzeln eher im klassischen Rock und Metal der 80er und 90er Jahre hatte. Da kam die Frage auf, ob er die geballte Kraft dieser Band zügeln konnte. Doch mit dem 2014 veröffentlichten Album „Henkt Ihn!“ konnte er es bereits beweisen, dass er dafür bereit war. Weitere fünf Jahre später wird es nun Zeit für ihr neues Werk „Auf Gedeih und Verderb“.

Das Sextett ist bekannt für seine aggressive, metallische Spielweise, und das wird uns schon im Opener „Himmel Und Hölle“ präsentiert. Es scheint als hätte Brandt seinen Standpunkt in der Band gefunden und sich perfekt eingegliedert, denn es wirkt so, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Ebenso sei die Melodie gelobt, denn der Opener geht ordentlich nach vorne, was dazu führt, dass er den Hörer direkt mitnimmt. Man hat sofort Spaß und freut sich auf mehr. Auffallend ist jedoch, dass Ingrimm sich nun wieder mehr in Richtung Mittelalter bewegen; sei es der sehr präsente Dudelsack im Opener oder die Drehleier und Geige im zweiten Titel „Klang Von Leder“. Letzterer wirkt allerdings sehr wie ein Track aus alten Tagen. Recht flott, sehr metallisch, aber er hat diesen Anteil an Mittelalterelementen, der dem Titel diesen unverkennbaren Ingrimm-Sound zuschreibt.

Im „Alptraum“ finden sich endlich diese dunklen Growls wieder, die sonst sehr typisch für z.B. Death oder Black Metal sind. Schon zu Beginn machte die Band solche Abschnitte zu ihrem Markenzeichen, was sie eindeutig von den anderen Bands der Szene absetzt. Vielmehr sind es aber doch diese hymnischen Refrains, die prägnant sind, was wieder einmal besonders gut in „König der Idioten“ gelingt. Neben einem Titel zum Grölen und Feiern, darf man hier auch mal stillschweigend allen Pfosten auf der Welt den Mittelfinger zeigen. Danke dafür.

Weiter geht es mit „Glück In Sicht“. Hier probieren sich die sechs Musiker auch mal an etwas Neuem, denn es gibt in dem sonst sehr flotten Song einfach mal drückende, schwere Parts. Gewagt, aber es funktioniert sehr gut und bietet eine willkommene Abwechslung und frischen Wind. Zur Halbzeit erwartet uns ein Titel namens „Sturm Und Drang“. Das könnte jetzt in die lyrische Dichtkunst gehen, nämlich zur Epoche von Sturm und Drang, doch hier wartet ein knallhartes Seemannslied. Raue Wellen, eine weite Reise, den Sturm im Gesicht. Ein geniales Wortspiel, was die Regensburger zu einem der stärksten Tracks des Album geformt haben.
Ein bisschen Fahrt aus den Segeln nimmt der „Drachenritt“, was das Tempo angeht. Sonst ist der Titel wieder sehr hymnisch und eingängig. Ein Refrain, der im Ohr bleibt und eine Melodie, die einfach nur Freude bereitet. Man möchte eigentlich schon so mitgleiten oder vielmehr davonfliegen.

Beim nächsten Titel bin ich mir nicht ganz sicher, denn „Ich Bin Ein Mann“ kann zum einen gegen die extreme Vermännlichung sein, sprich als Mann soll man einen Baum pflanzen, sich wehren können, etc., oder aber in die ganz andere Richtung gehen, nämlich dass sich Männer heutzutage viel zu sehr mit modernen Idealen auseinandersetzen, wie Blogger oder Influencer werden zu wollen, als mit seiner Hände Geld zu verdienen. Entschuldigt aber bitte, wenn ich hier etwas Falsches reininterpretiere.
Von so viel denken braucht man wieder etwas, um den Kopf zu entlasten. Mit „Schalk Im Nacken“ haben wir die metallische Hymne für alle Narren und frech gebliebenen Kinder da draußen. Dies ist ein sehr kurzer Track, der aber gerne zum Tanzen genutzt werden darf.

Was wäre Ingrimm ohne ein Lied gegen die Obrigkeiten? Das gibt’s dann endlich unter dem Namen „Mammon“. Einmal mehr stellen sie Regierungen, Könige und Kaiser an den Pranger und setzen sich damit kritisch auseinander. Doch in einem melodiösen und harten Gewand macht das dann gleich noch viel mehr Spaß.
Den elften Song könnte der ein oder andere vielleicht schon kennen, denn „Der Schinder“ ist schon vorab erschienen. Es ist nicht irgendein Song, nein, denn er ist in Zusammenarbeit mit Sarah Wedler und Nadine d’Arachart für ihre Romanreihe entstanden.
Zum Abschluss haut man dann noch einen richtigen Gossenhauer raus. „Schuldig Oder Nicht“ setzt ein letztes Mal all die Akzente, für die wir Ingrimm so gern mögen. Hymnisch, kraftvoll und mit Inbrunst endet das Album, bereit dazu, die Replay-Taste zu drücken.

Um ehrlich zu sein, ich hatte damals erst Bedenken, ob Brandt den alten Frontmann ersetzen könne, aufgrund seiner doch sehr markanten Stimme. Doch er hat es mehr als gemeistert, denn Brandt ist nun wirklich fester Bestandteil der Band und hat nach „Henkt Ihn!“ nun ein weiteres, geniales Album eingesungen. Ingrimm zeigen sich auf ihrem neuen Album wieder deutlich mehr dem Mittelalter zugewandt, doch gerade das macht die Platte so interessant. Hier steht ein neues, wirklich starkes Album der Regensburger, dass sich problemlos in ihre grandiose Diskographie einfügt und mitnichten ein Versuch auf Gedeih und Verderb.

Homepage: www.ingrimm.com

Tracklist:
01. Himmel Und Hölle
02. Klang Von Leder
03. Alptraum
04. König Der Idioten
05. Glück In Sicht
06. Sturm Und Drang
07. Drachenritt
08. Ich Bin Ein Mann
09. Schalk Im Nacken
10. Mammon
11. Der Schinder
12. Schuldig Oder Nicht

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