Rock Hard Festival 2023 26.06.-28.05.2023, Amphitheater, Gelsenkirchen

It’s The Most Wonderful Time Of The Year. Das Rock Hard Festival läutet traditionell wieder die Open Air Saison ein und dieses Mal sogar mit Doppeljubiläum. 

Rock Hard Festival

40 Jahre Rock Hard Magazin, 20 Jahre Rock Hard Festival. Da kann man schon mal einen raushauen. Doch zunächst einmal geht das Festival mit einigen Änderungen einher. Die geliebte und respektierte CCS Security, die über die Jahre schon zur Stammbelegschaft gezählt hat, wurde durch eine neue Sicherheitsfirma ersetzt. Optisch scheint keiner der Jungs die 25 überschritten zu haben, weshalb ich mich frage, wie sie es im Verlauf des Festivals bewegstelligen wollen, die beleibteren Crowdsurfer vernünftig und sicher entgegenzunehmen. Dazu scheinen diese auch weder wirklich mit der Musik oder dem Publikum vertraut zu sein, was bei CCS z.B. komplett anders war. Auch etwas voreilig scheinen sie zu sein, da schon das simple ablegen der Jacke auf dem Wellenbrecher schnurstracks zu einer Ermahnung führt. Hier muss eindeutig nachgebessert werden.

Auch die Toilettensituation hat sich geändert. Zwar gibt es immer noch Spültoiletten und diese werden auch regelmäßig gereinigt, jedoch tut mir die Dame, die dies tun muss, ziemlich leid, da man offenbar an den Klobürsten gespart hat. Das rächt sich bei dem erheblichen Alkoholkonsum und der schlechten Ernährung auf Festivals wie diesem schon am ersten Tag.

Aber genug genörgelt, denn auch eine sehr schöne Sache wird abseits des eigentlichem Geschehens dank des Zutuns der Sicherheitsfirma ermöglicht: Ein Guerilla-Konzert der Band Dark Sun. Dieses spielen sie akustisch vor dem Haupteingang jeden Tag um 11:00 Uhr, um Spenden für zwei Brüder zu sammeln, denen die gesamte Bude und ihr Hab und Gut abgefackelt sind. Gespielt werden Cover von Songs, die eigentlich immer gehen. „Lord Of The Rings“ von Blind Guardian oder „Wasted Years“ von den Eisernen Jungfrauen. Auch der Bruce Dickinson Schmachtfetzen „Tears Of The Dragon“ wird rausgekramt und wie viele Songs kann man noch in Manowars „Battle Hymn“ reinprügeln? Vier!

Rock Hard Festival – Freitag, 26.05.23

Es begann einst mit „Queen Of Siam“ und soll nun mit „Invisible Queen“ enden. Holy Moses sind heute meine erste Band. Die Jungs rund um ihre Frontdame Sabina Classen, die wahre Metal Queen, sind auf Abschiedstour. Grund genug, mir die Band dann doch noch mal anzusehen. Obwohl ich eher wenig Berührung mit Holy Moses habe, live ist das Brett wirklich ein Knaller.

Benediction aus dem UK liefern gewohnt guten Death Metal. Im Grunde unterscheidet sich ihr Set nur spärlich von dem, welches wir im letzten Jahr auf dem PartySan bekommen haben. Macht aber nichts. Ein gutes Set ist ein gutes Set.

Triptykon Performing Early Celtic Frost. Tom G. Warrior macht es also noch einmal. Bereits 2019 spielte er auf dem PartySan ein Hellhammer Set. Damals mit seiner zweiten Band Triumph Of Death. Mit „Into The Crypts Of Rays“ eröffnen die Schweizer ihren Set. Da es sich ausdrücklich um ein „Early2 Set“ handelt, fallen aber leider Songs vom sehr doomigen 2006er Album Monotheist weg, womit der Set sehr thrashig bleibt. Und nein, es gibt nichts vom „Cold Lake“ Album. Oder wolltet ihr Tom etwa wieder mit offener Hose sehen?

Rock Hard FestivalSamstag, 27.05.23

Der zweite Tag beginnt gemütlich mit ein paar Skinny Bitch (Vodka mit Wasser und Zitrone) auf dem Campground. Musikalisch starte ich mit dem Koblenzer Black-Thrash-Geprügel von Knife in den Samstag. Die Jungs haben einen kleinen Hype um sich erzeugt und das zu Recht. Erst recht, wenn man sieht, wie sympathisch die Jungs sind. So tigert Frontmann Vince Nihil (Was für ein geiles Pseudonym) nach dem Gig noch minutenlang im Fotograben rum, um Bilder mit den Fans zu machen.

Anschließend folgt etwas Verwirrung. Sollten eigentlich jetzt die Schweden von Nestor spielen, so wird aber gerade das Back Drop von Depressive Age hochgezogen. Grund dafür? der Flug von Nestor wurde gecancelt, was dazu führt, dass die Jungs erst später am Tag spielen können. Die Running Order ist damit erstmal obsolet. Depressive Age sind eine Band, die ihre Wurzeln tatsächlich noch in der DDR haben. Damals noch unter dem Namen Blackout benannten sie sich 1989 nach der Übersiedlung in den Westen in Depressiv Age um. (Es kursiert auch eine Geschichte darüber, dass es sich bei der Übersiedlung um das Freikaufen einzelner Mitglieder nach einem gescheiterten Fluchtversuch handelt. Da ich dazu aber gerade nichts finden konnte, erwähne ich es nur am Rande).

Für die Band ist es tatsächlich ihre Comeback Show, denn eigentlich löste sich das Dark-Thrash-Kommando schon 1996 auf. In das dieses Jahr sehr thrash-lastige Programm fügt sich ihr Set ganz gut ein, und auch Putz von Postmortem lässt sich für zwei Songs auf der Bühne blicken. Man kommt halt aus derselben Stadt. Schade nur, dass sich die Jungs nicht dazu hinreißen lassen, ihr Bronsky Beat Cover „Small Town Boy“ zu spielen.

Discharge mussten ihre Teilnahme am Rock Hard Festival kurzfristig absagen. Für sie spielen heute Voivod. Da ich die Musik der Frankokanadier aber irgendwie noch nie so wirklich begriffen habe, erwähne ich das hier nur der Information halber.

Nestor sind endlich angekommen und das Warten hat sich definitiv gelohnt. Ihr 80er Jahre Journey Worshipping Sound bringt etwas Abwechslung in den ansonsten sehr thrashen Wind. Mit „Lost Child On The Run“, der Songs zum besten Jahr überhaupt, meinem Geburtsjahr „1989“, schaffen die Jungs etwas, was an diesem Tag keine andere Band schafft. Die Forderung nach einer Zugabe. Die bekommen wir auch in Form des Whitney Houston-Klassikers „I Wanna Dance With Somebody“, welcher das Amphitheater dann mal so richtig ausklinken lässt.

Auch Exodus mussten nicht nur ihren Auftritt, sondern ihre gesamte Tour canceln, aufgrund von Schwierigkeiten in der Familie von Garry Hold. An deren Stellen spielen nun Sodom, die ja eigentlich immer gehen. Man könnte meinen, der erneute Abstieg des S04 macht Tom dann doch etwas zu schaffen. Er will zwar nicht über Fußball reden, doch scheint ihm die Leistung seines Vereins dazu anzustacheln, seinen ganzen Frust in den Set zu kanalisieren.

Die Jungs ballern heute extrem einen raus. Natürlich sind die Klassiker drinne. Als Rausschmeißer bekommen wir „Bombenhagel“. So aggressiv hat man das Ganze dann aber schon lange nicht mehr gehört. Interessant sind auch die Zuschauerreaktionen. Haben sich in den Sozialen Medien noch viele darüber beschwert, dass es schon wieder Sodom sind die spielen, rasten hier kollektiv alle aus. Das sieht man auch am nächsten Morgen in unserem Camp an den Knien einiger Personen, die den Moshpit während der gesamten Show nicht verlassen haben.

Auch Testament müssen heute mit Verlusten dealen. Gitarrist Steve DiGiorgio fällt krankheitsbedingt aus und wird von Ex-Machine Head Klampfer Phil Demmel vertreten. Das ist soweit auch in Ordnung. Was allerdings nicht in Ordnung ist, ist der Sound. Was für das Infield eindeutig zu leise ist, ist für die Ränge ein lärmiges Geschepper. Gott weiß, wie man das hinbekommt. Es ist verdammt schwer, Songs wie „Into The Pit“ oder „More Than Meets The Eye“ vernünftig und differenziert zu hören. Klar hab‘ ich zu diesem Zeitpunkt auch schon die Lampen an, was aber nicht darüber hinwegtäuscht, dass der Mann am Mischpult einfach scheiße abmischt.

Fazit des Tages: Skinny Bitch ist super zum Pegelhalten und Nestor waren der eigentliche Headliner des Tages.

Sonntag, 28.05.23

Undertow sind heute die erste Band, die ich mir anschaue. Eigentlich sind die Süddeutschen ja durch ihren eher doomigen Sound bekannt geworden. Heute schlagen sie aber mehr mit der Thrash-Keule um sich. Ob das am ansonsten sehr knüppeligen Programm des Festivals liegt, oder ob es sich hier um die reguläre Tour Setlist handelt, kann ich euch erst im Review zu Rock Am Härtsfeldsee sagen. Frontmann Joschi versucht heute im Übrigen hochdeutsch zu sprechen, statt seinem üblichen schwäbisch. Schade eigentlich, denn bei dem Dialekt könnt ich mich jedes Mal bepissen vor Lachen.

Ich mache eine längere Pause, so dass ich erst zu Tankard wieder im Amphitheater stehe. Generell finde ich es ja cool, dass mir von meinem Nebenmann sofort der Bierbecher ohne Aufforderung entnommen und neu mit Dosenbier befüllt wird. Danke Bro! Aber ich frage mich doch schon sehr, wie wenig Bock die Security haben muss, dass es scheinbar so einfach ist, mittlerweile Bierdosen ins Infield zu bekommen.

Um das mal in Vergleich zu setzen. Mit der neuen Security war es nicht mehr gestattet gefüllte Bierbecher mit ins Theater zu nehmen, was in den Vorjahren nie ein Thema war, doch Bierdosen können jetzt ohne Probleme mit reingeschmuggelt werden? Zumal es ja bereits im letzten Jahr einen Vorfall gab, bei dem der Midnight-Gitarrist von einer vollen Bierdose an der Hand getroffen wurde und den Set dann blutend zu Ende spielen musste. Kommen wir zur Musik. Tankard gehen ja immer; erst recht mit Bier. Songs wie „A Girl Called Cervesa“ oder das mal wieder mit einer Tanzeinlage versehene „Empty Tankard“ als Rausschmeißer bringen gut Stimmung ins Rund. Auch Material vom neuen Dreher „Pavolv’s Dawgs“ wird gespielt. Fragt mich aber bitte nicht welches. Dafür war das Bier dann doch zu lecker.^^

Auf Katatonia hatte ich mich sehr gefreut. Ich liebe es, mich bewusst für eine halbe bis Dreiviertelstunde in Melancholie versetzen zu können. Taschentücher waren auch bereit, doch die große Enttäuschung folgt auf dem Fuße. Nicht nur, dass bei einer Band, die Atmosphäre erzeugen will. es keine gute Idee ist „nackt“ ohne Backdrop zu spielen. Nein, sie scheinen sich mit Testament sogar den Mischer zu teilen. Dazu kommt, dass ihr zweiter Gitarrist gar nicht erst dabei ist. Warum er fehlt, wurde allerdings nicht kommuniziert, was vielleicht auch Aufgabe des Bühnenmoderators hätte sein müssen.

Es ist ein Trauerspiel, denn genügend Heul- und Schniefhymnen sind dabei. „Lethean“ wird sogar schon als zweites Stück gespielt, dazu noch „Deliberation“, July“ und „My Twin“. Stücke wie „Birds“ vom neuen Album, „Sky Void Of Stars“ ergänzen die Setlist super. Leider ist allgemein der Bass- und Schlagzeugsound so laut, dass die eine anwesende Gitarre leider nicht dagegen ankommt und Jonas Renske`s Stimme kaum wahrnehmbar ist. zumindest scheint er aber dieses Mal besser zwischen den Songs mit dem Publikum agieren zu können. Diese Ausstrahlung verbunden mit dem Sound des letztjährigen PartySan-Auftritts und der Rhein-Herne-Kanal hätte Hochwasser geführt.

Michael Schenker Group oder kurz MSG standen eigentlich gar nicht auf meinem Scheudel. Doch weil es eh die letzte Band des Festivals ist, nehme ich sie dennoch mit, was sich als großer Glücksgriff herausstellt. Der Sound ist glasklar und auch wenn die Brille auf der Fellmütze des namensgebenden Gitarristen ein wenig so aussieht wie die Sehhilfe von Opa Herbert, spielen kann der Mann. Man startet mit einem Instrumental bevor Übersänger Ronnie Romero die Bühne betritt. Schenker überlässt diesem auch komplett das Feld und gibt sich erfrischend zurückhaltend.

Das geht sogar so weit, dass ich kurzzeitig vergesse, dass die Band ja eigentlich unter seinem Namen läuft. Romero wiederum hat das Publikum voll im Griff. Bei anderen würde wahrscheinlich ein Freddy Mercury „Eyo“-Singspielchen peinlich wirken. Ihn macht es irgendwie sympathisch. Auch, dass man den UFO-Klassiker „Docter Docter“ so früh in die Setlist setzt, zeigt, Schenker hat es nicht nötig auf Fremdkompositionen zu setzen. Zum Schluss dann doch noch mal ein Highlight.

Abschließend sei gesagt, dass das Rock Hard Festival wieder ein solides Festival war. Die Situation mit der neuen Security und auch die Toilettenlage müssen dann doch noch mal überarbeitet werden. Die Preise für Getränke und Speisen sind relativ stabil geblieben. Lediglich der Oschi am Hamburgerstand kostet jetzt stolze 13 €. Dann bis nächste Pfingsten.

1 Trackback / Pingback

  1. Rock Am Härtsfeldsee 2023 - Heavy Stage Force

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.