Neun Jahre Pause gönnten sich die Farmer Boys, nachdem sie auf dem Summer Breeze 2009 ihre vorerst letzte Show spielten. Das ist so lange her, dass viele gar nicht mehr wussten, dass diese Band überhaupt noch existiert. Doch aufgelöst haben sie sich offiziell nie. Im vergangenen Jahr wurden die Bauernjungs auf eben genau diesem Festival wieder aus der Winterstarre erweckt, um mit neuem Album nun auch auf Tour zu gehen.
Als ich das Essener Turock betrete, bin ich erstmal über den Bühnenaufbau überrascht. Das Backdrop hängt schon, kein vorgelagertes Schlagzeug? Die spielen tatsächlich ohne Vorband. Das ist auch mal eine schöne Sache angesichts anderer Tourpackages, die bis zum Erbrechen vollgestopft sind, obwohl man doch eigentlich nur eine Band sehen will. Aber bevor es böse Worte gibt, ich habe nichts gegen Vorbands. Im Gegenteil.
Um 20:30 Uhr ertönt dann endlich das Intro „Cosmos“ und das mit reichlich gemischtem Publikum – von Kuttenträger bis Normalo ist alles dabei – gefüllte Turock geht steil. Die Alternativ-Metaller starten in chronologischer Reihenfolge ihres neuen Albums „Born Again“ mit einem Dreier aus „Faint Lines“, „Fiery Skies“ und der Singleauskopplung „You And Me“ bevor mit „The Other Side“, dem Titelsong des gleichnamigen 2004er Albums, welches für mich immer noch das geilste Cover in Form eines Filmplakats hat, und „Like Jesus Swept“ gefolgt von „Where The Sun Never Shines“ die Klassiker-Kaskade eröffnet wird.
Matthias Sayer ist bestens bei Stimme und klingt wie zu Anfangstagen. Der Mann ist zwar sichtlich älter geworden, hat aber tatsächlich kein Stück abgebaut. Alexander Scholpp, neben Sayer einziges verbliebenes Originalmitglied, spielt ausnahmslos auf Gitarren, bei dem der zweite Tonabnehmer entfernt wurde. Lediglich das Keyboard ist zu leise, was aber auch nur bei einem Song wirklich ins Gewicht fällt. Mit „Isle Of The Dead“ und „Stars“ schaffen es noch zwei neue Songs ins Set. Generell hat man mit acht Songs des neuen Albums, welches in der Standardversion 12 Stücke beinhaltet, schon mehr als die Hälfte des Drehers im Set.
Mit „When Pigs Fly“ und „Farm Sweet Farm“ geht man dann aber noch einmal in die Anfangszeit zurück, als man wirklich noch mit dem Bauernimage spielte. Wie immer gibt es natürlich auch bei diesem Konzert eines dieser unverzichtbaren Gitarrensolos. Aber neben dem üblichen Rumgeriffe und dem Runterzocken von Powerchords bringt Alex hier tatsächlich auch ein paar nachvollziehbare Melodien mit ein. Kann man also durchgehen lassen. „Stay Like This Forever“ ist dann der bereits erwähnte Song, bei dem das zu leise Keyboard tatsächlich etwas bedauerlich ist, da hier der geniale Übergang des Gesangs in die Harmonien des Tasteninstruments, wie man es von der Platte kennt, leider nicht zur Geltung kommt.
Mit „Revolt“, ebenfalls vom neuen Langspieleisen, ist der Teil der Setlist abgeschlossen, den man als offiziell bezeichnet. Als Zugabe gibt es dann „Here Comes The Pain“, bei dem Sayer das Intro sogar selber spricht und noch den Titelsong und offiziell letzten Track der aktuellen Platte „Born Again“. Zum Schluss bleibt nur zu hoffen, dass die Boys sich nicht nochmal neun Jahre Zeit nehmen, um wieder auf der Bühne zu stehen. Das neue Album ist für mich auf jeden Fall schon mal Anwärter auf den Release des Jahres, auch wenn es im letzten Jahr erschienen ist. Das geht nochmal durch.
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